15.12.2011

Arbeitgeber dürfen auch ohne besonderen Anlass bereits ab dem ersten Krankheitstag ein ärztliches Attest fordern

Arbeitgeber sind berechtigt, schon ab dem ersten Krankheitstag des Arbeitsnehmers die Vorlage eines ärztlichen Attestes zu verlangen. Ein besonderer Anlass oder eine Begründung ist hierfür nicht erforderlich. Es muss insbesondere kein Sachverhalt vorliegen, der auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Arbeitnehmers hindeutet.

LAG Köln 14.9.2011, 3 Sa 597/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist bei der beklagten Rundfunkanstalt als Redakteurin beschäftigt. Nachdem die Beklagte einen Dienstreiseantrag der Klägerin für den 30.11.2010 abgelehnt hatte, meldete sich die Klägerin am 30.11.2010 krank. Die Beklagte hatte Zweifel an dem Vorliegen einer Erkrankung und wies die Klägerin an, bei künftigen Krankheitsfällen schon am ersten Tag der Krankmeldung ein ärztliches Attest einzureichen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage begehrte die Klägerin, die Beklagte zu verurteilen, diese Anweisung zu widerrufen. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte ebenfalls keinen Erfolg. Das LAG ließ allerdings wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision zum BAG zu.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Widerruf der streitgegenständlichen Anweisung. Die Beklagte war zur Erteilung der Anweisung berechtigt. Daher fehlt es sowohl für einen schuldrechtlichen Anspruch aus §§ 611, 242 BGB als auch für einen quasinegatorischen Anspruch aus § 1004 BGB analog an der erforderlichen fortdauernden Rechtsbeeinträchtigung.

Die Rechtmäßigkeit der Anweisung folgt aus § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG. Hiernach dürfen Arbeitgeber die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung auch schon früher als nach drei Kalendertagen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG) verlangen. Eine solche Aufforderung bedarf entgegen der Auffassung der Klägerin weder einer Begründung noch eines Sachverhalts, der Anlass für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des  Arbeitnehmers gibt. Das folgt aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Norm und der Gesetzessystematik.

Zwar wird teilweise vertreten, dass für eine Weisung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG die rechtlichen Grenzen des § 106 GewO gelten und diese daher billigem Ermessen entsprechen muss. Dabei bleibt aber unberücksichtigt, dass § 5 EFZG insoweit eine speziellere Regelung für den Bereich der Nachweispflicht in der Entgeltfortzahlung darstellt, die unter Spezialitätsgesichtspunkten den allgemeinen Bestimmungen zum Weisungsrecht in § 106 GewO vorgeht. Es gelten deshalb nur die allgemeinen gesetzlichen Schranken der Willkür und des Verbots diskriminierenden Verhaltens.

LAG Köln PM Nr. 8 vom 14.12.2011
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