24.10.2014

Arbeitgeber können Home-Office-Vereinbarungen nicht ohne weiteres kündigen

Arbeitgeber können eine Vereinbarung, wonach der Arbeitnehmer einen Teil seiner Arbeit als "Telearbeit" von zuhause aus verrichten kann, nicht ohne weiteres kündigen, sondern müssen die Grenzen billigen Ermessens beachten. Ein voraussetzungsloses Kündigungsrecht des Arbeitgebers benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist daher unwirksam. Darüber hinaus bedarf die Kündigung der Vereinbarung regelmäßig der Zustimmung des Betriebsrats, da hierin eine Versetzung i.S.v. § 99 BetrVG liegt.

LAG Düsseldorf 10.9.2014, 12 Sa 505/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger war bei der beklagten Bank zuletzt als Firmenkundenbetreuer tätig. 2005 vereinbarten die Parteien, dass der Kläger seine Arbeitsleistung zumindest zu 40 % vom häuslichen Telearbeitsplatz aus verrichtet. Die betriebliche Arbeitsstätte liegt je nach Verkehrsweg zwischen 70 und 90 km vom Wohnort des Klägers entfernt.

In der Vereinbarung zur Telearbeit hieß es, dass ein Rechtsanspruch auf einen alternierenden Telearbeitsplatz nicht begründet wird. Weiter war vereinbart, dass die häusliche Arbeitsstätte von beiden Parteien mit einer Ankündigungsfrist von vier Wochen aufgegeben werden kann.

Nachdem die Parteien im Herbst 2013 erfolglos über eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses verhandelt hatten, kündigte die Beklagte ohne Beteiligung des Betriebsrats die Vereinbarung der Telearbeit. Die hiergegen gerichtete Klage des Klägers hatte sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem LAG Erfolg. Das LAG ließ allerdings die Revision zum BAG zu.

Die Gründe:
Die Beklagte hat die Vereinbarung der Telearbeit nicht wirksam gekündigt. Sie muss daher den Kläger weiter zu mindestens 40 % an seiner häuslichen Arbeitsstätte beschäftigen.

Das voraussetzungslose Recht der Beklagten zur Kündigung der Vereinbarung stellt eine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB dar und ist daher unwirksam.

Bei der Vereinbarung handelt es sich um allgemeine Arbeitsvertragsbedingungen, die der Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB unterliegt. Sie weicht insoweit von wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung ab, als dass sie die Beendigung der alternierenden Telearbeit für den Arbeitgeber voraussetzungslos ermöglicht und nicht erkennen lässt, dass dabei auch die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind. Dies ist nicht vereinbar mit § 106 Satz 1 GewO, wonach die Bestimmung des Arbeitsortes durch den Arbeitgeber nach billigem Ermessen zu erfolgen hat.

Darüber hinaus fehlte im Streitfall auch die Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung der Vereinbarung. Denn die Beendigung alternierender Telearbeit stellt regelmäßig eine Versetzung i.S.v. § 99 BetrVG dar. Dies gilt auch, wenn ein Ortswechsel für das Arbeitsverhältnis typisch ist, weil der Arbeitnehmer seine Arbeit zu einem Großteil bei Kunden erbringt. Die Einbindung des Arbeitnehmers in den Betriebsablauf und die Aufgabenerfüllung ist auch bei teilweiser Telearbeit aufgrund von deren Besonderheiten eine völlig andere als ohne Telearbeit. Daher ändert sich bei der Beendigung der Telearbeit das Bild der Tätigkeit grundsätzlich.

LAG Düsseldorf PM vom 23.10.2014
Zurück