10.12.2015

Arbeitnehmer können bei dauerhafter Nachtarbeit einen Nachtarbeitszuschlag von 30 Prozent verlangen

Arbeitnehmer haben, soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, aus § 6 Abs. 5 ArbZG einen Anspruch auf einen angemessenen Nachtzuschlag. Angemessen ist normalerweise ein Zuschlag i.H.v. 25 Prozent des Bruttostundenlohns. Bei ständiger Nachtarbeit beläuft sich der angemessene Nachtarbeitszuschlag regelmäßig auf 30 Prozent. Bei Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst kann auch ein Nachtarbeitszuschlag i.H.v. weniger als 25 Prozent angemessen sein.

BAG 9.12.2015, 10 AZR 423/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist bei der nicht tarifgebundenen Beklagten als Lkw-Fahrer beschäftigt. Er transportiert nachts (zwischen 20.00 und 6.00 Uhr) Pakete im Linientransportdienst. Die Beklagte zahlte dem Kläger für die Zeit zwischen 21.00 Uhr und 6.00 Uhr ursprünglich einen Nachtzuschlag auf seinen Stundenlohn i.H.v. etwa 11 Prozent. Später hob sie diesen Zuschlag schrittweise
auf zuletzt 20 Prozent an.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm für die Arbeit zwischen 23.00 und 6.00 Uhr einen Nachtarbeitszuschlag i.H.v. 30 Prozent vom Stundenlohn zu zahlen oder einen Freizeitausgleich von zwei Arbeitstagen für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zu gewähren. Das Arbeitsgericht gab der Klage statt; das LAG wies sie teilweise ab und sprach dem Kläger nur einen Anspruch auf einen Nachtarbeitszuschlag i.H.v. 25 Prozent seines Stundenlohns zu. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte vor dem BAG Erfolg.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines Nachtarbeitszuschlags i.H.v. 30 Prozent seines Stundenlohns oder auf einen Freizeitausgleich von zwei Arbeitstagen für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden. Der Anspruch ergibt sich aus § 6 Abs. 5 ArbZG. Hiernach hat der Arbeitgeber, soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit (zwischen 23.00 und 6.00 Uhr) geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

Angemessen ist im Normalfall ein Zuschlag i.H.v. 25 Prozent auf den Bruttostundenlohn bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage. Ein niedrigerer Nachtarbeitszuschlag kommt in Betracht, wenn während der Nachtzeit - z.B. durch Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst - eine spürbar geringere Arbeitsbelastung besteht. Besondere Belastungen können dagegen zu einem höheren Ausgleichsanspruch führen. Eine erhöhte Belastung liegt nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen bei Dauernachtarbeit vor. In einem solchen Fall ist regelmäßig ein Nachtarbeitszuschlag i.H.v. 30 Prozent angemessen.

Nach diesen Grundsätzen steht dem Kläger für seine Nachtarbeit ein Ausgleichsanspruch i.H.v. 30 Prozent zu, da er Dauernachtarbeit erbringt. Der von der Beklagten bereits ab 21 Uhr gezahlte Zuschlag ist auf den gesetzlichen Anspruch aus § 6 Abs. 5 ArbZG nicht anrechenbar. Auch die Höhe des Stundenlohns des Klägers ist in diesem Zusammenhang irrelevant. Es gibt keine erkennbaren Anhaltspunkte dafür, dass in diesem bereits ein anteiliger Nachtarbeitszuschlag enthalten ist.

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.

BAG PM Nr. 63/15 vom 9.12.2015
Zurück