30.01.2015

Arbeitnehmer müssen rechtsunwirksame Versetzung nicht befolgen

Ist eine Versetzung objektiv rechtswidrig, liegt in der Nichtaufnahme der Arbeit am neuen Arbeitsort keine zur Kündigung berechtigende beharrliche Arbeitsverweigerung. Die Rechtsprechung des BAG zur vorläufigen Verbindlichkeit einer unbilligen Direktionsrechtsausübung lässt sich auf das Kündigungsrecht nicht übertragen.

LAG Köln 28.8.2014, 6 Sa 423/14
Der Sachverhalt:
Der 59 Jahre alte Kläger war seit rund 37 Jahren in den Kieswerken der Beklagten als sog. Bandwächter beschäftigt und verdiente zuletzt 2.700 Euro brutto. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis aus krankheitsbedingten Gründen, bot dem Kläger aber ein auf die Dauer des Kündigungsrechtsstreits befristetes Prozessarbeitsverhältnis an. Der Kläger nahm dieses Angebot an und arbeitete wieder für die Beklagte.

Rund einen Monat später versetzte die Beklagte den Kläger vom in Deutschland gelegenen Werk A in das 70 Kilometer entfernte und in Belgien liegende Werk B. Der Kläger arbeitete dort nach einer vierwöchigen krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit einen Tag lang und lehnte dann eine Weiterarbeit in Belgien ab. Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos.

Mit seiner gegen die Kündigungen gerichteten Klage machte der Kläger geltend, dass eine krankheitsbedingte Kündigung mangels einer negativen Gesundheitsprognose ausscheide und die Versetzung im Zusammenhang mit den gerichtlichen Auseinandersetzungen der Parteien willkürlich und schikanös gewesen sei. Er sei auch gar nicht in der Lage gewesen, die zusätzlichen Fahrtkosten zu übernehmen, deren Erstattung die Beklagte abgelehnt habe.

Das Arbeitsgericht gab der Klage hinsichtlich der ordentlichen Kündigung statt, wies sie aber hinsichtlich der außerordentlichen Kündigung ab. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hatte Erfolg.

Die Gründe:
Auch die außerordentliche Kündigung ist rechtsunwirksam und hat daher das Arbeitsverhältnis nicht beendet. Es fehlt an einem wichtigen Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB. Dem Kläger kann eine beharrliche Arbeitsverweigerung nicht vorgeworfen werden, weil er durch die Nichtbefolgung der objektiv unwirksamen Versetzungsanordnung nicht in kündigungserheblicher Weise gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat.

Die Arbeit in der rund 70 Kilometer von seinem Wohnort entfernten Arbeitsstätte war dem Kläger insbesondere finanziell nicht zumutbar. Ohne Übernahme der zusätzlichen Fahrtkosten bzw. Stellung eines Dienstwagens konnte die Beklagte die Arbeit an dem zugewiesenen Ort nicht verlangen. Sie hat auch keine zumutbare andere Lösung angeboten, wie etwa die Stellung einer angemessenen Dienstwohnung in Belgien. Der Kläger musste daher die Versetzungsanordnung nicht befolgen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem BAG-Urteil vom 22.2.2012 (Az.: 5 AZR 249/11). Zwar ist hiernach auch eine unbillige Direktionsrechtsausübung vorläufig verbindlich. Diese Entscheidung ist aber zu den Voraussetzungen des Annahmeverzugs ergangen und lässt sich auf das Kündigungsrecht nicht übertragen. In diesem Bereich bleibt es daher dabei, dass dem Arbeitnehmer kein Vorwurf gemacht werden kann, wenn er eine Arbeitsanweisung, die sich bei gerichtlicher Überprüfung als rechtsunwirksam darstellt, nicht befolgt. Maßgeblich ist insoweit die objektive Rechtslage.

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