30.04.2015

Auch gemeinnützige Einrichtungen müssen eine angemessene Ausbildungsvergütung zahlen

Auch für gemeinnützige Einrichtungen zur Förderung der Berufsausbildung gilt, dass die von ihnen gezahlte Ausbildungsvergütung die in einem einschlägigen Tarifvertrag geregelte Vergütung um nicht mehr als 20 Prozent unterschreiten darf. Liegt eine solche Unterschreitung vor, wird vermutet, dass die Vergütung unangemessen ist. Diese Vermutung kann der Ausbildungsbetrieb zwar grds. widerlegen. Hierfür reicht es allerdings nicht aus, dass er darlegt, dass die Ausbildungsvergütung durch Spenden finanziert wird.

BAG 29.4.2015, 9 AZR 108/14
Der Sachverhalt:
Der 1990 geborene Kläger absolvierte in den Jahren 2008 bis 2012 bei einem Mitgliedsunternehmen des Beklagten eine Ausbildung zum Maschinen- und Anlagenführer.

Der Beklagte ist ein gemeinnütziger Verein mit dem Zweck der Förderung der qualifizierten Berufsausbildung. Dazu schließt er Berufsausbildungsverträge ab. Die Ausbildung der Auszubildenden erfolgt in seinen Mitgliedsbetrieben.

Mit seiner Klage verlangte der Kläger auf der Grundlage der tariflichen Ausbildungsvergütung die Zahlung weiterer 21.678,02 Euro brutto. Zur Begründung machte er geltend, dass er eine unangemessen niedrige Ausbildungsvergütung erhalten habe. Diese habe nur ca. 55 Prozent der Ausbildungsvergütung nach den Tarifverträgen für die Metall- und Elektroindustrie in Bayern betragen.

Die Klage hatte in allen Instanzen Erfolg.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten weiteren Ausbildungsvergütung. Anspruchsgrundlage ist § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG, wonach Auszubildende eine angemessene Vergütung verlangen können. Maßgeblich für die Angemessenheit ist die Verkehrsanschauung. Wichtigster Anhaltspunkt hierfür sind die einschlägigen Tarifverträge. Eine Ausbildungsvergütung ist in der Regel nicht mehr angemessen, wenn sie die in einem einschlägigen Tarifvertrag geregelte Vergütung um mehr als 20 Prozent unterschreitet.

Handelt es sich bei dem Ausbildenden - wie hier - um eine gemeinnützige juristische Person, rechtfertigt allein der Status der Gemeinnützigkeit es nicht, bei der Prüfung der Angemessenheit der Ausbildungsvergütung von einer Orientierung an den einschlägigen Tarifverträgen abzusehen. Eine durch Spenden Dritter finanzierte Ausbildungsvergütung, die mehr als 20 Prozent unter den tariflichen Sätzen liegt, ist allerdings noch nicht zwingend unangemessen. Vielmehr kann der Ausbildende die darauf gerichtete Vermutung widerlegen, indem er darlegt, dass besondere Umstände die niedrigere Ausbildungsvergütung rechtfertigen.

Nach diesen Grundsätzen stehen dem Kläger weitere Vergütungsansprüche zu. Das LAG hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Ausbildungsvergütung auch eine Entlohnung der geleisteten Arbeit darstellt. Diese kam zwar nicht dem Beklagten selbst, jedoch seinem Mitgliedsunternehmen zugute. Besondere Umstände, die geeignet sein könnten, trotz des Unterschreitens der tariflichen Ausbildungssätze um fast 50  Prozent die Vermutung der Unangemessenheit der gezahlten Ausbildungsvergütung zu widerlegen, hat der Beklagte nicht dargelegt.

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.

BAG PM Nr. 28/15 vom 29.4.2015
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