22.05.2015

Bundestag hat Gesetz zur Tarifeinheit verabschiedet

Der Bundestag hat am 22.5.2015 mit 448 Ja-Stimmen bei 126 Gegenstimmen und 16 Enthaltungen den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Tarifeinheit (BT-Drs. 18/4062) auf Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (BT-Drs. 18/4966) angenommen. Mit dem Gesetz sollen Tarifkollisionen verhindert werden, also z.B. unterschiedliche Tarifverträge für gleiche Beschäftigtengruppen in einem Betrieb. Das Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft. Zuvor muss aber der Bundesrat noch abschließend darüber beraten.

Die wichtigsten Inhalte des Tarifeinheitsgesetzes im Überblick:
  • Betriebsbezogenes Mehrheitsprinzip: Kann eine Tarifkollision nicht vermieden werden, ist in dem Umfang, in dem sich in einem Betrieb die Tarifverträge überschneiden, nur der Tarifvertrag der Gewerkschaft anwendbar, die im Betrieb über die meisten Mitglieder verfügt.
  • Verfahrensregelungen zum Schutz kleiner Gewerkschaften: Als flankierende Verfahrensregelungen zum Schutz der Rechte von Minderheitsgewerkschaften sieht das Gesetz ein vorgelagertes Anhörungsrecht gegenüber der verhandelnden Arbeitgeberseite sowie ein nachgelagertes Nachzeichnungsrecht vor.
  • Stichtagsregelung: Für zu einem Stichtag bestehende Tarifverträge ist eine Bestandsschutzregelung vorgesehen, um der bereits ausgeübten Tarifautonomie Rechnung zu tragen.
  • Eingriff in die Tarifautonomie: Die Regelungen zur Tarifeinheit greifen nicht ausdrücklich in das Arbeitskampfrecht ein. Mittelbar kann die Neuregelung aber u.U. zur Unverhältnismäßigkeit von Streiks der Minderheitsgewerkschaft führen.
  • Bindungswirkung der Entscheidungen der Arbeitsgerichte: Die Arbeitsgerichte entscheiden über den im Betrieb anwendbaren Tarifvertrag auf Antrag einer Tarifvertragspartei eines kollidierenden Tarifvertrags im Beschlussverfahren - "mit bindender Wirkung für Dritte".
  • Erweiterte Zuständigkeit der Arbeitsgerichte: Nach § 2a Abs. 1 Nr. 6 ArbGG n.F. sind die Arbeitsgerichte künftig auch zuständig für die Entscheidung über den nach § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG n.F. im Betrieb anwendbaren Tarifvertrag.
  • Ermittlung der Mehrheitsgewerkschaft: Zukünftig kann nach § 58 Abs. 3 ArbGG n.F. insbesondere über die Zahl der in einem Arbeitsverhältnis stehenden Mitglieder oder das Vertretensein einer Gewerkschaft in einem Betrieb Beweis auch durch die Vorlegung öffentlicher Urkunden i.S.v. § 415 ZPO angetreten und geführt werden. Der Gesetzgeber denkt hierbei insbesondere an eine notarielle Erklärung.
  • Besonderes Beschlussverfahren: Die gerichtliche Entscheidung über den gem. § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG n.F. im Betrieb anwendbaren Tarifvertrag erfolgt in einem besonderen Beschlussverfahren (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 ArbGG n.F.), das in § 99 ArbGG n.F. geregelt ist. Die Regelung lehnt sich an die bereits nach §§ 97 und 98 ArbGG bestehenden besonderen Beschlussverfahren an.
  • Inkrafttreten: Das Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

Linkhinweise:

  • Für den auf den Webseiten des BMAS veröffentlichten Gesetzentwurf in der jetzt beschlossenen Fassung klicken Sie bitte hier (PDF-Datei).
  • Ausführliche Informationen zum Thema nebst Materialien und Stellungnahmen finden Sie zudem im AuS-Gesetzgebungsreport.
BMAS PM vom 22.5.2015
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