03.03.2015

Schutz vor missbräuchlichen Kettenbefristungen gilt auch für Kulturschaffende

Die in Luxemburg bestehende Möglichkeit, ohne Einschränkungen befristete Arbeitsverträge mit Kurzzeit-Beschäftigten des Kulturbetriebs abzuschließen, verstößt gegen die Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge. Denn hiernach müssen die Mitgliedstaaten einen Missbrauch durch befristete Arbeitsverträge verhindern. Dies ist im luxemburgischen Recht im Hinblick auf Kurzzeit-Beschäftigte des Kulturbetriebs nicht gewährleistet, da es keinen sachlichen Grund vorsieht, der die aufeinanderfolgende Verwendung solcher Verträge rechtfertigt.

EuGH 26.2.2015, C-238/14
Der Sachverhalt:
Nach dem luxemburgischen Recht darf die Laufzeit befristeter Arbeitsverträge einschließlich Verlängerungen 24 Monate nicht überschreiten. Eine Ausnahme gilt allerdings für Kurzzeit-Beschäftigte des Kulturbetriebs: Die mit ihnen geschlossenen befristeten Arbeitsverträge dürfen mehr als zweimal und für eine Gesamtdauer von mehr als 24 Monaten verlängert werden, ohne dass sie als unbefristete Arbeitsverträge gelten.

Luxemburg rechtfertigt die Sonderregelung damit, dass die Kurzzeit-Beschäftigten des Kulturbetriebs an einzelnen zeitlich begrenzten Projekten beteiligt seien. Daher stelle der vorübergehende Bedarf der Arbeitgeber an Arbeitskräften einen "sachlichen Grund" dar, der die Verlängerung der befristeten Arbeitsverträge rechtfertige.

Die Kommission sieht in dieser Regelung einen Verstoß gegen die Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (Anhang der Richtlinie 1999/70/EG zur EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge). Diese verlange von den Mitgliedstaaten sachliche, die Verlängerung der Verträge rechtfertigende Gründe anzugeben oder die insgesamt maximal zulässige Dauer der Verträge oder die zulässige Zahl ihrer Verlängerungen festzulegen.

Die Vertragsverletzungsklage der Kommission hatte vor dem EuGH Erfolg.

Die Gründe:
Luxemburg hat mit der streitigen Regelung seine Pflicht verletzt, in Bezug auf Kurzzeit-Beschäftigte des Kulturbetriebs einen Missbrauch durch befristete Arbeitsverträge zu verhindern.

Die Verlängerung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge mit Kurzzeit-Beschäftigten des Kulturbetriebs ist nicht pauschal durch einen "sachlichen Grund" gerechtfertigt. Denn Arbeitgeber können die aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträge nicht nur abschließen, um einen vorübergehenden Personalbedarf zu decken, sondern auch, um einen ständigen und dauerhaften Bedarf zu decken.

Selbst wenn man unterstellt, dass die Regelung dem Ziel dient, den Kurzzeit-Beschäftigten des Kulturbetriebs eine gewisse Flexibilität und Vergünstigung zu verschaffen, indem es ihren Arbeitgebern ermöglicht wird, sie mittels befristeter Arbeitsverträge wiederholt einzustellen, kann daraus nicht geschlossen werden, dass in jedem Fall genau bezeichnete Umstände vorliegen, die die Tätigkeit der Kurzzeit-Beschäftigten des Kulturbetriebs kennzeichnen und daher in diesem speziellen Zusammenhang den Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge rechtfertigen.

Der Hintergrund:
Eine Vertragsverletzungsklage, die sich gegen einen Mitgliedstaat richtet, der gegen seine Verpflichtungen aus dem Unionsrecht verstoßen hat, kann von der Kommission oder einem anderen Mitgliedstaat erhoben werden. Stellt der Gerichtshof die Vertragsverletzung fest, hat der betreffende Mitgliedstaat dem Urteil unverzüglich nachzukommen.

Ist die Kommission der Auffassung, dass der Mitgliedstaat dem Urteil nicht nachgekommen ist, kann sie erneut klagen und finanzielle Sanktionen beantragen. Hat ein Mitgliedstaat der Kommission die Maßnahmen zur Umsetzung einer Richtlinie nicht mitgeteilt, kann der Gerichtshof auf Vorschlag der Kommission jedoch bereits mit dem ersten Urteil Sanktionen verhängen.

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des EuGH veröffentlicht. Um direkt zu dem Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 21/15 vom 26.2.2015
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