21.10.2014

Staffelung der Urlaubsdauer nach dem Alter kann zulässig sein

Arbeitgeber dürfen im Einzelfall älteren Arbeitnehmern mehr Urlaub gewähren als jüngeren (hier: zwei Urlaubstage mehr ab Vollendung des 58. Lebensjahres). Hierin liegt zwar eine Ungleichbehandlung aufgrund des Alters. Diese ist aber nach § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG gerechtfertigt, wenn die Urlaubsregelung dem Schutz älterer Arbeitnehmer dient sowie geeignet, erforderlich und angemessen i.S.v. § 10 Satz 2 AGG ist. Dem Arbeitgeber steht insoweit eine auf die konkrete Situation in seinem Unternehmen bezogene Einschätzungsprärogative zu.

BAG 21.10.2014, 9 AZR 956/12
+++ Der Sachverhalt:
Die 54 Jahre alte Klägerin ist bei der beklagten der RSP Rheinische Schuhproduktion GmbH, einem Unternehmen aus dem Konzernverbund von BIRKENSTOCK, in der Schuhproduktion beschäftigt. Die nicht tarifgebundene Beklagte gewährt den in diesem Unternehmensbereich beschäftigten Arbeitnehmern zunächst 34 Tage Urlaub pro Jahr und ab Vollendung des 58. Lebensjahres 36 Tage.

Die Klägerin sah in dieser Staffelung der Urlaubsdauer eine unzulässige Altersdiskriminierung und begehrte eine Anpassung des Urlaubsanspruchs "nach oben". Zur Begründung machte sie geltend, dass die Behauptung, ältere Mitarbeiter benötigten im Produktionsbetrieb längere Erholungsphasen, nicht tragfähig sei. Es sei auch nicht ersichtlich, warum ein gesteigertes Erholungsbedürfnis ausgerechnet ab Vollendung des 58. Lebensjahres eintrete.

Ihre Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

+++ Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung zwei weiterer Urlaubstage pro Jahr schon vor Vollendung des 58. Lebensjahres.

Eine Staffelung der Urlaubsdauer nach dem Alter stellt zwar eine Ungleichbehandlung dar. Diese kann aber unter dem Gesichtspunkt des Schutzes älterer Beschäftigter nach § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG zulässig sein. Bei der Prüfung, ob eine solche vom Arbeitgeber freiwillig begründete Urlaubsregelung dem Schutz älterer Beschäftigter dient und geeignet, erforderlich und angemessen i.S.v. § 10 Satz 2 AGG ist, steht dem Arbeitgeber eine auf die konkrete Situation in seinem Unternehmen bezogene Einschätzungsprärogative zu.

Im Streitfall hat die Beklagte mit ihrer Einschätzung, die in ihrem Produktionsbetrieb bei der Fertigung von Schuhen körperlich ermüdende und schwere Arbeit leistenden Arbeitnehmer bedürften nach Vollendung ihres 58. Lebensjahres längerer Erholungszeiten als jüngere Arbeitnehmer, ihren Gestaltungs- und Ermessensspielraum nicht überschritten.

Dies gilt auch für die Annahme der Beklagten, zwei weitere Urlaubstage seien aufgrund des erhöhten Erholungsbedürfnisses angemessen, zumal auch der Manteltarifvertrag der Schuhindustrie vom 23.4.1997, der mangels Tarifbindung der Parteien keine Anwendung fand, zwei zusätzliche Urlaubstage ab dem 58. Lebensjahr vorsah.

+++ Der Hintergrund:
Bereits 2012 hatte das BAG entschieden, dass die Altersstaffel im TVöD unwirksam war (BAG, Urt. v. 20.3.2012 - 9 AZR 529/10). Besonderheit hier war allerdings, dass die Altersstaffel schon recht früh einsetzte, nämlich mit einer ersten Steigerung mit Vollendung des 30. Lebensjahres und einer zweiten mit Vollendung des 40. Lebensjahres, während für die 50- bis 60-jährigen Beschäftigten keine Steigerung des Urlaubsanspruchs vorgesehen war. Eine solche Regelung diene nicht i.S.v. § 10 Satz 3 Nr. 2 AGG dem Schutz älterer Arbeitnehmer, so das BAG.

+++ Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.

BAG PM Nr. 57/14 vom 21.10.2014
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