28.09.2016

Unordnung in Büros: Gegenmaßnahmen des Arbeitgebers sind nicht immer mitbestimmungspflichtig

Anweisungen des Arbeitgebers, dass Arbeitnehmer ihre Büros nicht mit persönlichen Gegenständen vollstellen dürfen, mitgebrachte Pflanzen regelmäßig pflegen und Schrankoberseiten regelmäßig freiräumen müssen, betreffen schwerpunktmäßig das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer im Betrieb. Dem Betriebsrat steht daher insoweit ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zu. Kein Mitbestimmungsrecht besteht dagegen bei der Anordnung, das Büro abends so aufgeräumt zu verlassen, dass es gereinigt werden kann, oder der Aufforderung, Möbel und Glasflächen nicht zu bekleben.

ArbG Würzburg 8.6.2016, 12 BV 25/15
Der Sachverhalt:
Die Arbeitgeberin unterhält am Standort M. einen Betrieb mit mehr als 400 Beschäftigten. Sie schrieb an alle Mitarbeiter eine E-Mail mit dem Betreff "Rundschreiben Sauberkeit und Ordnung". Hierin erteilte sie folgende Anordnungen:
  1. Persönliche Gegenstände (Fotos, Souvenirs und andere persönliche Gegenstände) dürfen nicht mehr als 10 Prozent der jeweils zur Verfügung stehenden Flächen einnehmen.
  2. Nicht belegte Arbeitsplätze dürfen nicht als Ablageflächen missbraucht oder anderweitig eingenommen werden.
  3. Schrankoberseiten müssen in regelmäßigen Intervallen überprüft und alles Unnötige muss entfernt oder an geeigneter Stelle archiviert werden.
  4. Persönlich mitgebrachte Pflanzen sind regelmäßig zu pflegen, zu gießen und zurückzuschneiden.
  5. Möbel und Glaswände dürfen nicht beklebt werden.
  6. In "Open-Space"-Bereichen müssen Gespräche so leise geführt werden, dass benachbarte Kollegen dadurch nicht gestört werden.
  7. Bei Arbeitsende ist der Arbeitsplatz aufgeräumt zu verlassen.
  8. Alte, defekte oder nicht mehr genutzte Bildschirme oder altes IT-Equipment ist umgehend zurückzugeben.
  9. Müll, Restmüll und Biomüll sind zu trennen.

Der Betriebsrat reklamierte eine Verletzung seines Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG und verlangte Unterlassung. Hiermit hatte er vor dem Arbeitsgericht nur teilweise Erfolg.

Die Gründe:
Die Arbeitgeberin hat durch die ersten vier Anordnungen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG verletzt, da diese überwiegend das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer im Betrieb betreffen. Dem Betriebsrat steht insoweit auch ein Unterlassungsanspruch zu.

Die letzten fünf Anordnungen betreffen hingegen überwiegend das Arbeitsverhalten und sind damit nicht mitbestimmungspflichtig: Das Verbot des Beklebens von Möbeln und Glasflächen schützt das Eigentum des Arbeitgebers. Sachbeschädigungen sind von Arbeitnehmern selbstverständlich zu unterlassen. Gespräche in "Open-Space"-Bereichen sind zum einen Teil der Arbeitsleistung und können zum anderen bei zu großer Lautstärke die Arbeitsleistung anderer Arbeitnehmer beeinträchtigen. Diesbezügliche Anweisungen sind daher dem Arbeitsverhalten zuzuordnen.

Die Anweisung zum Umgang mit altem IT-Equipment betrifft in erster Linie nicht die Ordnung im Betrieb, sondern den Umgang mit Arbeitsmitteln. Die Trennung des Mülls ist gesetzlich vorgeschrieben. Insoweit besteht also kein Regelungsspielraum. Das Aufräumen des Arbeitsplatzes betrifft zwar auf den ersten Blick das Ordnungsverhalten. Die Arbeitgeberin hat jedoch eine externe Firma mit der Reinigung der Büros beauftragt. Diese kann die geschuldete Dienstleistung nur in einigermaßen aufgeräumten Räumen erbringen.

juris
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