25.08.2016

Verfallklauseln im Anwendungsbereich einer Mindestlohnverordnung sind unwirksam

Eine Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis in Form einer Allgemeinen Geschäftsbedingung ist unwirksam, soweit sie auch den Anspruch auf das Mindestentgelt nach einer Mindestlohnverordnung nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz (hier: PflegeArbbV) erfasst. Die Ausschlussfrist verstößt im Anwendungsbereich dieser Verordnung gegen § 9 Satz 3 i.V.m. § 13 AEntG. Sie gilt dann auch nicht für Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

BAG 24.8.2016, 5 AZR 703/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war bei dem Beklagten, der einen ambulanten Pflegedient betreibt, vom 15.7. bis zum 15.12.2013 als Pflegehilfskraft beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthielt als Allgemeine Geschäftsbedingung folgende Verfallklausel:

"Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.

Bei Ablehnung oder Nichtäußerung der Gegenpartei binnen zwei Wochen verfallen die Ansprüche, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht werden."

Die Klägerin war vom 19.11. bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 15.12.2013 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Der Beklagte hatte trotz ärztlicher Bescheinigung Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit und leistete deshalb keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. In dem hiergegen von der Klägerin am 2.6.2014 anhängig gemachten Verfahren berief sich der Beklagte darauf, dass der Anspruch wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen sei.

Die Klage hatte dem Grunde nach in allen Instanzen Erfolg.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen den Beklagten für die Dauer ihrer vierwöchigen Arbeitsunfähigkeit aus § 3 Abs. 1 EFZG einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Der Anspruch ist nicht aufgrund der Ausschlussfrist wegen verspäteter Geltendmachung verfallen.

Die nach Inkrafttreten der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV) am 1.8.2010 vom Beklagten gestellte Klausel verstößt gegen § 9 Satz 3 AEntG, wonach Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Anspruchs auf Mindestentgelt ausschließlich in dem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag oder in der Mindestlohnverordnung geregelt werden können. Folge des Verstoßes ist die Unwirksamkeit der Verfallklausel.

Der Anspruch auf das Mindestentgelt erlischt daher nicht wegen Versäumung der vertraglichen Ausschlussfrist. Die Klausel kann auch für andere Ansprüche nicht aufrechterhalten werden, weil dem das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegensteht.

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.

BAG PM Nr. 44/16 vom 24.8.2016
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