11.08.2015

Zirkusartisten sind nicht ohne Weiteres Arbeitnehmer

Verpflichtet sich eine Artistengruppe, für die Dauer einer Saison gegen Tageshonorar mit einer bestimmten Darbietung in einem Zirkus aufzutreten, so sind die Artisten in der Regel keine Arbeitnehmer des Zirkus. Bei der zugrunde liegenden Vereinbarung handelt sich vielmehr um einen freien Dienstvertrag ohne eine Verpflichtung des Zirkus zur Anmeldung der Artisten zur Krankenversicherung oder zur Einhaltung der Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes.

BAG 11.8.2015, 9 AZR 98/14
Der Sachverhalt:
Bei den Klägern handelt es sich um eine Artistengruppe. Sie hatten mit dem beklagten Zirkus einen "Vertrag über freie Mitarbeit" geschlossen. Hierin hatten sich die Kläger verpflichtet, im Zirkus gegen ein Tageshonorar i.H.v. 550 Euro mit einer "Hochseil- und Todesradnummer ... gesehen wie auf dem Video bei YouTube" aufzutreten.

Einer der Kläger verunglückte bereits bei der Premiere. Die anderen drei Kläger traten in der Folgezeit zunächst weiter im Zirkus auf. Als sie jedoch erfuhren, dass der Beklagte sie nicht zur Krankenversicherung angemeldet hatte, weigerten sie sich, weiter aufzutreten. Der Beklagte kündigte daraufhin das Rechtsverhältnis fristlos und hilfsweise fristgerecht.

Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage wies das Arbeitsgericht ab, weil kein Arbeitsverhältnis vorliege; das LAG gab der Klage dagegen statt. Auf die Revision des Beklagten hob das BAG das Berufungsurteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Der Beklagte hat das Vertragsverhältnis mit den Klägern wirksam gekündigt.

Entgegen der Auffassung der Kläger bestand zwischen dem Beklagten und ihnen kein Arbeitsverhältnis, sondern ein freies Dienstverhältnis. Maßgeblich ist insoweit der Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist demnach, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.

Welche Art von Rechtsverhältnis vorliegt, erfordert eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls. Dem LAG kommt hierbei zwar ein Beurteilungsspielraum zu. Das Revisionsgericht hat die Würdigung des LAG aber daraufhin zu überprüfen, ob sie in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt.

Nach diesen Grundsätzen waren die Kläger keine Arbeitnehmer des Beklagten. Der "Vertrag über freie Mitarbeit" sieht kein für Arbeitsverhältnisse charakteristisches Weisungsrecht vor. Es sind auch keine Tatsachen ersichtlich, die auf eine von dieser Vereinbarung abweichende Durchführung des Vertrags schließen lassen.

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte  hier.

BAG PM Nr. 41/15 vom 11.8.2015
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