17.12.2012

Ambulante Chemotherapien im Krankenhaus nicht steuerpflichtig

Die Abgabe von Krebsmedikamenten (sog. Zytostatika) durch ein Krankenhaus im Rahmen ambulanter Chemotherapien stellt einen Zweckbetrieb dar und unterliegt damit nicht der Körperschaftsteuer. Wie die stationäre Behandlung stellt auch die ambulante Chemotherapie eine einheitliche Krankenhausleistung dar.

FG Münster 24.10.2012, 10 K 630/11 K
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine katholische rechtsfähige Stiftung des privaten Rechts. Nach ihrer Satzung und tatsächlichen Geschäftsführung dient sie der Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege und ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit. Zur Verwirklichung ihrer gemeinnützigen Zwecke unterhält die Klägerin ein Krankenhaus i.S.d. § 2 Nr. 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), das innerhalb der Grenzen des § 67 AO tätig geworden ist und einen Zweckbetrieb darstellt.

Zur Versorgung des Krankenhauses mit Arzneimitteln unterhält die Klägerin eine Krankenhausapotheke. Neben Leistungen zur Versorgung der stationär untergebrachten Patienten verkauft die Krankenhausapotheke Medikamente an Dritte, das Personal, andere Kliniken und andere Apotheken. Außerdem liefert die Krankenhausapotheke Zytostatika für die ambulante Chemotherapie im Krankenhaus. Der geschäftsführende Chefarzt des Krankenhauses ist zur ambulanten vertragsärztlichen Versorgung einschließlich der Chemotherapie ermächtigt und führt diese Leistungen privat- und vertragsärztlich als Dienstaufgabe für das Krankenhaus durch.

Die Klägerin behandelte die Abgabe der Medikamente zur Versorgung von stationär untergebrachten Patienten und zur ambulanten Chemotherapie als dem Zweckbetrieb Krankenhaus zugehörig. Das Finanzamt behandelte die Lieferung der Zytostatika durch die Krankenhausapotheke dagegen als körperschaftsteuerpflichtig und erließ entsprechende Körperschaftsteuerbescheide.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die beim BFH anhängige Revision wird unter dem Az. I R 82/12 geführt.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat den Gewinn aus der Lieferung von Zytostatika durch die Krankenhausapotheke zur ambulanten Behandlung von Patienten zu Unrecht nicht dem Zweckbetrieb Krankenhaus der Klägerin, sondern einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zugeordnet; dementsprechend hat es das zu versteuernde Einkommen der Klägerin auch zu Unrecht um diese Beträge erhöht.

Die Klägerin ist eine rechtsfähige Stiftung des privaten Rechts, die nach ihrer Satzung und tatsächlichen Geschäftsführung der Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege i.S.d. § 52 Abs. 2 Nr. 3 AO durch das Unterhalten eines Krankenhauses dient, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Als Körperschaft in diesem Sinne ist sie gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit, soweit sie nicht einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) unterhält. Im Umfang des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs entfällt gem. § 64 Abs. 1 AO die Befreiung der Einkünfte des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs von der Körperschaftsteuer, soweit dieser kein Zweckbetrieb i.S.d. §§ 65 - 68 AO ist.

Die Klägerin erfüllt mit der Abgabe der Zytostatika durch die Krankenhausapotheke an die ambulant behandelten Patienten die Voraussetzungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Gem. Mit der Abgabe der Zytostatika durch die Krankenhausapotheke an die ambulant behandelten Patienten erzielt die Klägerin nachhaltig Einnahmen, die nicht Bestandteil eines einheitlichen Krankenhausentgelts sind. Der dargestellte wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ist aber steuerbefreit, da er einen Zweckbetrieb darstellt. Die Abgabe der Zytostatika an die ambulant im Krankenhaus der Klägerin behandelten Patienten ist Bestandteil des Zweckbetriebs Krankenhaus (§ 67 Abs. 1 AO), so dass die Gewinne insoweit nicht der Körperschaftsteuer unterliegen.

Denn wie die stationäre Behandlung stellt auch die ambulante Chemotherapie eine einheitliche Krankenhausleistung dar. Die Krankenhausapotheke der Klägerin gibt auf der Grundlage der für den einzelnen Patienten ausgestellten Rezepte die Zytostatika zur ausschließlichen Verwendung im Rahmen der ambulanten Krankenhausbehandlung ab. Diese ambulante Krankenhausbehandlung umfasst sowohl die ärztliche Leistung als auch die notwendige Verabreichung von Medikamenten während der ambulanten Behandlung im Krankenhaus sowie die Nutzung der sonstigen Einrichtungen, des Personals und der Materialien des Krankenhauses als einheitliche Leistung.

Deutlich wird die Einheitlichkeit der Gesamtleistung auch daran, dass die verabreichten Zytostatika nach dem einzelnen Krankheitsbild auf den Patienten abgestimmt individuell verordnet werden und nur unter ärztlicher Überwachung im Krankenhaus verabreicht werden können. Die ärztliche Diagnose und Behandlung umfasst somit auch die individuelle Medikation und ihre Anwendung und Verabreichung unter Kontrolle und Überwachung des Arztes. Die Verabreichung der Zytostatika ist damit ein notwendiger und unselbstständiger Bestandteil der ärztlichen Behandlung und der Krankenhausleistung Behandlung der Krebserkrankung.

Hintergrund:
Zu demselben Ergebnis wie der 10. Senat im vorliegenden Fall kam in einem vergleichbaren Fall bereits der 9. Senat des FG Münster mit Urteil vom 23.2.2012 (9 K 4639/10 K,G). Dass Medikamentenabgaben im Rahmen ambulanter Chemotherapien umsatzsteuerfrei sind, hatte der 5. Senat des FG Münster mit Urteil vom 12.5.2011 (4 K 435/09 U) entschieden. Hierzu ist derzeit ein Verfahren am EuGH anhängig (C-366/12).

Linkhinweis:

FG Münster NL vom 17.12.2012
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