31.03.2015

Doppelte Haushaltsführung: Arbeitswege von etwa einer Stunde sind in Ballungszentren üblich und zumutbar

Insbesondere in Großstädten, in denen die Wohnstätten der Beschäftigten immer weiter in die Randbereiche und über die politische Grenze einer Gemeinde hinaus (sog. "Speckgürtel") verdrängt werden, sind Fahrtzeiten von etwa einer Stunde üblich und ohne weiteres zumutbar. Es reicht nicht aus, in einen fremden Haushalt bloß - wie bei den Eltern oder als Besuch - eingegliedert zu sein, ohne die Haushaltsführung verantwortlich mitzubestimmen, wofür wiederum die finanzielle Beteiligung ein gewichtiges Indiz sein kann.

FG Hamburg 17.12.2014, 2 K 113/14
Der Sachverhalt:
Die Klägerin arbeitet und wohnt seit mehreren Jahren in Hamburg. Mit der Steuererklärung für das Streitjahr 2011 machte sie erstmals Kosten für eine doppelte Haushaltsführung geltend. Sie wies darauf hin, dass sie ihren Lebensmittelpunkt seit 2005 in einer Umlandgemeinde habe, wo sie im Haus ihres Lebensgefährten wohne. Wegen der ungünstigen Verkehrsanbindung habe sie allerdings ihre Wohnung in Hamburg beibehalten und verbringe dort wöchentlich drei bis vier Nächte. An den Kosten des Haushalts beteilige sie sich seit Jahren mit derzeit 150 € monatlich. Die Beträge würden bar übergeben oder mit verauslagten Zahlungen verrechnet.

Das Finanzamt berücksichtigte bei den Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung lediglich die geltend gemachten Kosten für Heimfahrten. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Die Klägerin hatte im Streitjahr keinen Anspruch auf Berücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung. Das Finanzamt hat zu Recht die Berücksichtigung der Kosten der Hamburger Wohnung abgelehnt.

Eine beruflich begründete doppelte Haushaltsführung setzt voraus, dass der Steuerpflichtige seinen Lebensmittelpunkt in einem eigenen Hausstand außerhalb des Beschäftigungsortes hat und daneben noch eine Wohnung am Beschäftigungsort aus beruflicher Veranlassung unterhält, um seinen Arbeitsplatz von dort aus erreichen zu können. Unter Beschäftigungsort i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG ist allerdings nicht nur die politische Gemeinde - hier Hamburg - sondern auch der Einzugsbereich dieser Gemeinde zu verstehen. Insbesondere in Großstädten, in denen die Wohnstätten der Beschäftigten immer weiter in die Randbereiche und über die politische Grenze einer Gemeinde hinaus (sog. "Speckgürtel") verdrängt werden, sind Fahrtzeiten von etwa einer Stunde üblich und ohne weiteres zumutbar.

Infolgedessen lag das Haus des Lebensgefährten nicht außerhalb des Beschäftigungsortes der Klägerin. Das Haus und die Arbeitsstätte der Klägerin waren ca. 36 km voneinander entfernt und die Fahrtzeit betrug - selbst wenn öffentliche Verkehrsmittel benutzt wurden - regelmäßig nicht mehr als rund eine Stunde. Außerdem schien es noch sehr zweifelhaft, dass die Klägerin im Haus ihres Lebensgefährten tatsächlich einen eigenen Hausstand unterhalten hatte. Denn es reicht nicht aus, in einen fremden Haushalt bloß - wie bei den Eltern oder als Besuch - eingegliedert zu sein, ohne die Haushaltsführung verantwortlich mitzubestimmen, wofür wiederum die finanzielle Beteiligung ein gewichtiges Indiz sein kann. Die verbliebenen Zweifel gingen in diesem Fall zu Lasten der Klägerin, da sie hinsichtlich der steuermindernden Umstände, hier das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung, die Feststellungslast trug.

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