31.07.2014

Grobes Verschulden bei elektronisch gefertigten Steuererklärungen

Beantwortet ein Steuerpflichtiger aber eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf bestimmte Vorgänge bezogene Fragen nicht, kann er sich nach ständiger BFH-Rechtsprechung nicht auf einen die grobe Fahrlässigkeit ausschließenden, entschuldbaren Rechtsirrtum berufen. Der Begriff des Verschuldens i.S.v. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO bei elektronisch gefertigten Steuererklärungen ist nicht anders auszulegen als bei schriftlich gefertigten Erklärungen.

BFH 18.3.2014, X R 8/11
Der Sachverhalt:
Die Kläger wurden im Streitjahr 2006 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Diplom-Finanzwirt und Notar, die Klägerin ist Buchhalterin und Hausfrau. Die Einkommensteuererklärung 2006 hatten die Kläger mit Hilfe des elektronischen Steuerprogramms Elster/Formular 2006/2007 an das Finanzamt übermittelt und eine komprimierte (verkürzte) Steuererklärung in Papierform unterschrieben nachgereicht. Allerdings vergaßen sie in dem elektronischen Erklärungsformular in Zeile 62 des Mantelbogens Zahlungen des Klägers an die Notarversorgungskasse einzutragen. Im Jahr zuvor hatten sie diesen Posten noch korrekt in der ebenfalls mit Hilfe des elektronischen Steuerprogramms Elster erstellten Erklärung geltend gemacht.

Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer erklärungsgemäß fest; Zahlungen an die Notarversorgungskasse wurden nicht berücksichtigt. Mit Abgabe der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 baten die Kläger darum, den Einkommensteuerbescheid 2006 zu ändern. Bei Erstellung der Steuererklärung für das Jahr 2007 hätten sie bemerkt, dass im Vorjahr die Zahlungen des Klägers an die Notarversorgungskasse i.H.v. 18.457 € irrtümlich nicht eingetragen worden seien. Das Finanzamt lehnte dies ab. Ebenso lehnte es den Antrag auf Änderung des Einkommensteuerbescheids 2006 gem. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ab. Die Behörde war der Ansicht, die Kläger treffe ein grobes Verschulden daran, dass die Zahlungen nicht geltend gemacht worden seien.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Entgegen der Ansicht des FG traf die Kläger ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden der Zahlungen an die Notarversorgungskasse. Im Streitjahr 2006 hatte das Erklärungsformular des Elsterprogramms in Zeile 62 ausdrücklich die Frage nach den als Sonderausgaben abziehbaren Beiträgen zu berufständischen Versorgungseinrichtungen gestellt. Diese Frage ließen die Kläger unbeantwortet. Beantwortet ein Steuerpflichtiger aber eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf bestimmte Vorgänge bezogene Fragen nicht, kann er sich nach ständiger BFH-Rechtsprechung nicht auf einen die grobe Fahrlässigkeit ausschließenden, entschuldbaren Rechtsirrtum berufen.

Entgegen der Auffassung des FG ließ auch der Umstand, dass der Kläger seine Steuererklärung mit Hilfe des Elsterprogramms gefertigt hatte und dieses keinen vollständigen Ausdruck des Steuererklärungsformulars lieferte, sondern letztlich nur die Werte und Kennziffern aufführte, zu denen der Steuerpflichtige Eintragungen vorgenommen hatte, das grobe Verschulden des Klägers nicht entfallen. Zwar mochte dies einen Nachteil der elektronischen Steuererklärung darstellen, betraf aber nicht den Grund für die Annahme der groben Fahrlässigkeit, nämlich die fehlende An- und Eingabe im ElsterFormular selbst. Außerdem bestand die Möglichkeit, sich den amtlichen Erklärungsvordruck auf dem Bildschirm anzeigen zu lassen. Der Begriff des Verschuldens i.S.v. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO bei elektronisch gefertigten Steuererklärungen ist zudem nicht anders auszulegen als bei schriftlich gefertigten Erklärungen. Es gibt hier kein Sonderrecht.

Im vorliegenden Fall traf den Kläger letztlich auch ein grobes Verschulden bei der Prüfung der Steuererklärung. Denn der Vergleich der festgesetzten Steuer mit der Probeberechnung des ElsterProgramms war nicht geeignet, unterlassene Eintragungen im Programm aufzudecken, da diese zwangsläufig in die Probeberechnung nicht eingehen können. Bei einer Prüfung des Steuerbescheids hätte dem Kläger angesichts der Höhe seiner Beiträge zum Versorgungswerk (diese haben 18.457 € betragen; im Bescheid waren jedoch nur 16.294 € Versicherungsbeiträge aufgeführt) auffallen müssen, dass ein erheblicher Betrag nicht in die Steuerberechnung eingegangen war.

Linkhinweis:

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