29.05.2015

Häusliches Arbeitszimmer ist Tätigkeitsmittelpunkt eines Dirigenten und Orchestermanagers

Ein Dirigent und Orchestermanager kann die Aufwendungen für sein häusliches Arbeitszimmer in voller Höhe als Betriebsausgaben bei seinen Einkünften aus selbständiger Tätigkeit in Abzug bringen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn ihm als Manager der Orchester umfangreiche Verwaltungsaufgaben übertragen worden sind, die nur von zuhause aus erledigt werden können.

FG Baden-Württemberg 4.3.2015, 6 K 610/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger war als Dirigent für zwei Orchester tätig, die im einen Fall von einem Förderverein und im anderen Fall von einer Universität getragen wurden. Neben der künstlerischen Leitung oblagen ihm vielfältige organisatorische Aufgaben wie etwa die Einplanung der Musiker, die Koordination der Auftritte und Proben, das Einwerben von Sponsorengeldern und die gesamte Öffentlichkeitsarbeit.

Mit Ausnahme der Proben und Auftritte erledigte er sämtliche Tätigkeiten in seinem häuslichen Arbeitszimmer. Eigene Lehrverpflichtungen über das Dirigieren hinaus nahm der Kläger trotz des ihm von der Universität erteilten Lehrauftrags nicht wahr. Das Finanzamt ließ die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer nur i.H.v. 1.250 € zum Betriebsausgabenabzug zu, weil es in ihm nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung des Klägers sah.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage überwiegend statt. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat den Betriebsausgabenabzug des Klägers für sein häusliches Arbeitszimmer zu Unrecht auf 1.250 € begrenzt.

Tatsächlich waren die gesamten dafür im Streitjahr angefallenen Aufwendungen in voller Höhe als Betriebsausgaben in Abzug zu bringen, da dem Kläger für seine betriebliche Tätigkeit unstreitig kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 2 EStG) und das Arbeitszimmer im Streitjahr den Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildete (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3 Halbs. 2 EStG). Nicht abzugsfähig waren lediglich die von den Klägern geltend gemachten, anteilig auf die Fläche des Arbeitszimmers entfallenden Aufwendungen für Wasser und Schmutzwasser.

Der Kläger übte lediglich eine einzige berufliche Tätigkeit aus. Auch wenn er dabei nebeneinander für zwei verschiedene Orchester tätig war, so war sein Tätigkeitsprofil in beiden Fällen nahezu identisch. Der Kläger hatte in beiden Fällen nahezu alle anfallenden Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen. Darüber hinaus war der Kläger auch der künstlerische Leiter beider Orchester, bestimmte in dieser Eigenschaft deren Repertoire mit und dirigierte sie bei den Proben und Auftritten. Sein konkret verwirklichtes Berufsbild lässt sich daher vollständig am ehesten mit der Bezeichnung "Orchestermanager und Dirigent" umschreiben.

Der inhaltliche Schwerpunkt der einheitlichen Betätigung lag im häuslichen Arbeitszimmer des Klägers. Dort hat der Kläger in seiner Eigenschaft als Orchestermanager die Besetzung für die einzelnen Proben und Auftritte und das Material für die beteiligten Musiker zusammengestellt, die Korrespondenz mit den Sponsoren und der an dem Orchesterbetrieb interessierten Öffentlichkeit geführt und die Internetauftritte der Orchester sowie deren CD-Veröffentlichungen entwickelt. Daneben hat auch die künstlerische Leitung der Orchester zu großen Teilen dort stattgefunden. Demgegenüber waren die vor Ort erbrachten Dirigentenleistungen des Klägers für seinen konkret ausgeübten Beruf als Orchestermanager und Dirigent nicht wesentlich und prägend.

Nach § 4 Abs. 4, Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3 EStG abzugsfähig waren daher die gesamten auf das Arbeitszimmer entfallenden Aufwendungen des Klägers. Dazu zählen zwar neben der flächenanteiligen Wohnungsmiete einschließlich der Nebenkosten auch der anteilige Stromverbrauch, nicht jedoch der auf die Fläche des Arbeitszimmers entfallende Aufwand für das von den Klägern verbrauchte Wasser und die Entsorgung des Schmutzwassers. Denn ein Bezug dieser Kosten zur beruflichen Tätigkeit des Klägers ist nicht erkennbar.

Linkhinweis:

FG Baden-Württemberg PM vom 13.5.2015
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