10.02.2015

Hersteller manipulierbarer Kassensysteme haften persönlich für hinterzogene Steuern ihrer Kunden

Der Geschäftsführer einer Firma, die Kassensysteme nebst Manipulationssoftware herstellt und vertreibt, kann für die Steuern haften, die ein Kunde (hier: der Inhaber eines Eiscafés) hinterzogen hat. Der Geschäftsführer wir in diesem Fall für die vorsätzliche Beteiligung an einer fremden Steuerhinterziehung in Anspruch genommen.

FG Rheinland-Pfalz 7.1.2015, 5 V 2068/14
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller ist Geschäftsführer einer GmbH, die Kassensysteme herstellt und vertreibt. Im November 2002 hatte der Inhaber eines Eiscafés (A.) ein Kassensystem, das neben diverser Hardware auch eine Software zur Manipulation der im Kassensystem erfassten Daten umfasste, vom Antragsteller erworben. Im Zuge einer Außen- und Steuerfahndungsprüfung bei A wurden die Manipulationen an den im Kassensystem erfassten Daten aufgedeckt. Diese hatten zu einer erheblichen Minderung der tatsächlich erzielten Umsätze geführt.

Der A. räumte später die Manipulationen im Steuerstrafverfahren gegen ihn ein. Er gab an, der Antragsteller habe ihm das Kassensystem verkauft und ihn auch in die Benutzung der Manipulationssoftware eingewiesen. Dabei sei ihm versichert worden, die Software könne völlig risikolos eingesetzt werden. Das LG verurteilte den A. wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Das Urteil und die entsprechend geänderten Steuerfestsetzungen sind mittlerweile bestands- bzw. rechtskräftig.

Anschließend wurde gegen den Antragsteller ein Verfahren wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung eingeleitet. Außerdem erließ das Finanzamt einen Haftungsbescheid, mit dem der Antragsteller für die Steuerrückstände des A. i.H.v. rund 2,8 Mio € aufkommen sollte, da die Vollstreckungsmaßnahmen gegen diesen bislang erfolglos geblieben waren. Hiergegen wandte sich der Antragsteller. Er behauptete, das Manipulationsprogramm habe ein Mitarbeiter entwickelt, er selbst habe keine Kenntnis davon gehabt. Alles sei so versteckt gewesen, dass selbst die Steuerfahnder sie bei der ersten Durchsuchung nicht entdeckt hätten. Er selbst habe nur im Vertrieb ausgeholfen und habe A. nicht in die Benutzung der Manipulationssoftware eingewiesen.

Das Finanzamt änderte den angefochtenen Haftungsbescheid und minderte die Haftungssumme auf rund 1,6 Mio. €, da in der Zwischenzeit bei A. Gelder eingetrieben werden konnten. Hiergegen klagte der Antragsteller und stellte einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Das FG lehnte den Eilantrag jedoch mit unanfechtbarem Beschluss ab.

Die Gründe:
Wer eine Steuerhinterziehung begeht oder an einer solchen teilnimmt, haftet nach § 71 AO für die verkürzten Steuern und kann gem. § 191 AO durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden.

Aufgrund des Geständnisses und der rechtskräftigen Verurteilung des A. ging das Finanzamt zutreffend davon aus, dass A. die streitbefangenen Steuern hinterzogen hatte. Zu dieser Steuerhinterziehung hatte der Antragsteller objektiv und subjektiv Beihilfe geleistet und damit i.S.v. § 71 AO an dessen Tat teilgenommen. Er hatte das mit der Manipulationssoftware verbundene Kassensystem als Geschäftsführer der GmbH an A. verkauft, was durch die Rechnung der GmbH nachgewiesen werden konnte.

Es war somit nicht entscheidend, wann genau und durch wen die Installation und Einweisung in das Programm erfolgt waren. Ebenso wenig, ob der Antragsteller selbst oder ein Dritter die Manipulationssoftware entwickelt hatte. Die Beihilfe zur Steuerhinterziehung bestand im vorliegenden Fall vielmehr darin, dass der Antragsteller ein komplettes System an A. verkauft hatte, und zwar mit Wissen, welche Möglichkeiten dieses System bot, und mit dem Ziel, A. eine Steuerverkürzung zu ermöglichen. Der Antragsteller hatte A. das Kassensystem ausdrücklich als völlig risikoloses Instrument zur Verkürzung von Steuern angeboten und verkauft.

Die Tatsache, dass das Finanzamt einen Gehilfen als Haftenden in Anspruch genommen hatte, stellte eine ermessensgerechte Entscheidung dar, und zwar unabhängig von der Höhe der Haftungsschuld und/oder den finanziellen Möglichkeiten des Gehilfen. § 71 AO hat insofern Schadenersatzcharakter und soll eine Schadensersatzpflicht in Höhe der verkürzten Beträge begründen. Der Antragsteller wurde deshalb nicht für sein Fehlverhalten als Geschäftsführer der GmbH in Anspruch genommen, sondern für die vorsätzliche Beteiligung an einer fremden Steuerhinterziehung.

FG Rheinland-Pfalz PM vom 10.2.2015
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