26.03.2015

Kein Antrag auf AdV des Widerrufs einer Lohnsteueranrufungsauskunft nach § 42e EStG

Der Widerruf einer dem Arbeitgeber erteilten Lohnsteueranrufungsauskunft (§ 42e EStG) ist ein feststellender, aber nicht vollziehbarer Verwaltungsakt. Ein Antrag auf AdV nach § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2 FGO ist deshalb nicht statthaft.

BFH 15.1.2015, VI B 103/14
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller beschäftigt in seiner Kanzlei mehrere Rechtsanwälte und bezahlt für diese Beiträge an den Deutschen Anwaltsverein (DAV). Auf Antrag des Antragstellers erteilte das Finanzamt im Januar 2010 die Auskunft nach § 42e EStG, dass diese Zahlungen nicht als Sachbezug zu versteuern seien. Im Zeitraum Mai 2012 bis Juni 2013 fand beim Antragsteller eine Lohnsteuer-Außenprüfung statt, die zu dem von der erteilten Auskunft abweichenden Ergebnis führte, dass die Beiträge an den DAV als Werbungskostenersatz steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen.

Dabei berief sich die Prüferin auf das Urteil des BFH vom 12.2.2009 (VI R 32/08). Das Finanzamt widerrief daraufhin die Anrufungsauskunft von Januar 2010 mit der Begründung, dass die Feststellungen der Lohnsteuer-Außenprüfung zu einer neuen rechtlichen Würdigung des Sachverhalts geführt hätten. Gegen den Widerruf der Auskunft legte der Antragsteller Einspruch ein und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Das Finanzamt lehnte den Antrag auf AdV mit dem Hinweis ab, der Widerruf der Anrufungsauskunft sei kein vollziehbarer Verwaltungsakt. Der Einspruch gegen den Widerruf der Auskunft blieb erfolglos.

Das Finanzamt leitete seine Widerrufsbefugnis aus § 207 Abs. 2 AO analog ab und begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Widerruf eine Ermessensentscheidung sei, bei der das Vertrauen in den Bestand der erteilten Auskunft und das Gebot der Gesetz- und Gleichmäßigkeit der Besteuerung gegeneinander abzuwägen seien. Die Anrufungsauskunft verstoße gegen materielles Recht und sei deshalb rechtswidrig. Daher müsse die Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Antragstellers in den Bestand der erteilten Auskunft zurücktreten, zumal der Antragsteller infolge der Zusage keine Dispositionen getroffen habe, von denen er sich nicht lösen könne.

Das FG gab dem Antrag auf AdV gem. § 69 Abs. 3 FGO statt. Auf die Beschwerde des Finanzamts hob der BFH den Beschluss des FG auf und lehnte den Antrag auf AdV ab.

Die Gründe:
Der Antrag auf AdV hinsichtlich des Widerrufs der Anrufungsauskunft war als unzulässig abzulehnen, da dieser nicht statthaft ist.

Das Gericht der Hauptsache kann nach § 69 Abs. 3 S. 1 1. Halbs. FGO auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Nach § 69 Abs. 3 S. 1 2. Halbs., Abs. 2 S. 2 FGO soll dies erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Die Statthaftigkeit eines Antrags auf AdV setzt dabei voraus, dass der im Hauptsacheverfahren angefochtene Verwaltungsakt vollziehbar ist.

Der Widerruf der Anrufungsauskunft nach § 42e EStG ist nicht vollziehbar. Die Lohnsteueranrufungsauskunft nach § 42e EStG trifft lediglich eine Regelung dahin, wie die Finanzbehörde den vom Antragsteller dargestellten typischerweise hypothetischen Sachverhalt im Hinblick auf die Verpflichtung zum Lohnsteuerabzug gegenwärtig beurteilt.

Demgemäß erschöpft sich der Inhalt des Widerrufs einer Lohnsteueranrufungsauskunft darin, dass das Finanzamt mitteilt, von nun an eine andere Auffassung als bisher zu vertreten. Die Wirkung eines Widerrufs einer Lohnsteueranrufungsauskunft geht damit nicht über die Negation des zuvor Erklärten hinaus. Vollziehbar sind jedoch nur solche Verwaltungsakte, deren Wirkung sich nicht auf eine reine Negation beschränkt. Ein Antrag auf AdV ist daher nicht statthaft.

Linkhinweis:

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