22.02.2017

Keine steuerliche Begünstigung für von Trägervereinen betriebene Freibäder

Betreibt eine städtische Gesellschaft ein verlustbringendes Freibad nicht selbst, sondern verpachtet sie es an einen Trägerverein, liegen die Voraussetzungen für die steuerliche Begünstigung dauerdefizitärer Tätigkeiten der öffentlichen Hand nicht vor. Es ist für die Anwendung des § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 KStG schädlich, wenn eine Bädergesellschaft ein Freibad nicht selbst betreibt, sondern die begünstigte Tätigkeit aufgrund des Pachtvertrages unmittelbar vom Trägerverein ausgeübt wird.

BFH 9.11.2016, I R 56/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH. Deren Alleingesellschafterin ist eine Kommune. Die Klägerin ist Organträgerin einer Bädergesellschaft, deren Anteile sämtlich von der Klägerin gehalten werden. Da ein Freibad aufgrund niedriger Besucherzahlen von der Schließung bedroht war, wurde im Dezember 2005 ein Trägerverein Freibad e.V. gegründet und die Bädergesellschaft verpachtete an diesen den Betrieb. Der schriftliche Pachtvertrag sah u.a. die Zahlung einer Pacht vor, die sich nach der Höhe der Abschreibungen bei der Bädergesellschaft bemessen sollte. Des Weiteren sollte die Bädergesellschaft einen Zuschuss gewähren, dessen Höhe Gegenstand einer gesonderten Vereinbarung sei.

In den Streitjahren 2006 bis 2011 leistete der Trägerverein die vereinbarten Pachten - es handelte sich um Jahresbeträge zwischen rund 6.000 € und 22.500 € - und die Bädergesellschaft die Betriebskostenzuschüsse, zumeist i.H.v. 100.000 € jährlich. Sie behandelte die Zuschusszahlungen in ihrer Gewinnermittlung als Betriebsausgaben, was das Finanzamt allerdings nicht anerkannte. Es ging davon aus, dass es sich bei den Zahlungen an den Trägerverein um verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) handele und die entsprechenden Rechtsfolgen hieraus zu ziehen seien. Die Ausnahmeregelung in § 8 Abs. 7 i.V.m. § 34 Abs. 6 S. 4 KStG sei tatbestandlich nicht erfüllt, weil das dauerdefizitäre Freibad nicht unmittelbar von der Klägerin selbst, sondern vom Trägerverein betrieben worden sei.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Das FG hatte § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 KStG rechtsfehlerhaft angewendet.

Zwar ist auch der dauerdefizitäre Betrieb eines Freibades dem Grunde nach steuerlich zu begünstigen. Allerdings wird diese Begünstigung nur dann gewährt, wenn die Gemeinde entweder mit einem eigenen Betrieb (Betrieb gewerblicher Art) die dauerdefizitäre Tätigkeit selbst ausübt oder eine kommunale Eigengesellschaft (Kapitalgesellschaft, deren Anteile sich in der Hand einer Kommune befinden) das Freibad selbst betreibt.

Infolgedessen kam die gesetzliche Begünstigung bestimmter dauerdefizitärer Tätigkeiten im Streitfall nicht zum Tragen, weil die Bädergesellschaft das Dauerverlustgeschäft nicht selbst betrieben hat. Es ist für die Anwendung des § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 KStG schädlich, dass die Bädergesellschaft das Freibad nicht selbst betrieben hat, sondern die begünstigte Tätigkeit aufgrund des Pachtvertrages unmittelbar vom Trägerverein ausgeübt wurde. Der Senat erachtet den Gesetzeswortlaut als eindeutig. Die in § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 und S. 2 KStG verwendeten Verben "ausüben" und "unterhalten" zeigen, dass die Norm nur solche Dauerverlustgeschäfte tatbestandlich erfasst, die von der Kapitalgesellschaft in eigener Person unternommen werden. Auch der Begriff des "Unterhaltens", der etwas weiter reicht als der des "Ausübens", setzt voraus, dass die Gesellschaft den Betrieb auf eigene Rechnung führt.

Hintergrund:
Fast alle größeren Kommunen in Deutschland unterhalten Freibäder und entsprechen damit typischerweise einer Erwartungshaltung ihrer Bürger. Unter den klimatischen Bedingungen Mitteleuropas rechnen sich allerdings Freibäder für die Gemeinden betriebswirtschaftlich nicht, es sei denn diese würden hohe Eintrittspreise verlangen. Das wiederum ist sozialpolitisch aus Sicht vieler Menschen nicht akzeptabel. Folglich ist der Freibadbetrieb hierzulande regelmäßig dauerdefizitär.

Der Gesetzgeber begünstigt solche dauerdefizitären Tätigkeiten der Gemeinden allerdings aus sozialpolitischen Gründen, indem er die Verluste steuerlich anerkennt und damit ihre Verrechnung mit Gewinnen der Gemeinden aus anderen Tätigkeiten ermöglicht. Hierzu gehören etwa städtische Gewinne aus Energieversorgungsunternehmen. Man spricht bei diesem Verrechnungsmodell üblicherweise vom kommunalen Querverbund.

Linkhinweis:

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BFH PM Nr. 12 vom 22.2.2017
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