19.06.2017

Keine steuerneutrale Übertragung der einzigen wesentlichen Betriebsgrundlage bei Fortführung der gewerblichen Tätigkeit durch den Übergeber

Die Anwendung des § 6 Abs. 3 S. 1 EStG setzt voraus, dass der Übertragende seine bisherige gewerbliche Tätigkeit einstellt. Daran fehlt es, wenn die einzige wesentliche Betriebsgrundlage aufgrund des vorbehaltenen Nießbrauchs vom bisherigen Betriebsinhaber weiterhin gewerblich genutzt wird. Es ist insoweit unerheblich, ob ein aktiv betriebener oder ein verpachteter Betrieb unter Vorbehaltsnießbrauch übertragen wird.

BFH 25.1.2017, X R 59/14
Der Sachverhalt:
Die vormalige Klägerin ist zwischenzeitlich verstorben. Sie hatte ein Grundstück, auf dem sich eine von ihr verpachtete Gaststätte befand, auf ihren Sohn, den jetzigen Revisionskläger, übertragen, sich aber gleichzeitig den Nießbrauch vorbehalten. In der Folgezeit verpachtete sie die Gaststätte weiter. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Klägerin habe durch die Übertragung des Grundstücks, das die einzige wesentliche Betriebsgrundlage war, einen steuerpflichtigen, wenn auch steuerbegünstigten Gewinn erzielt.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision der Klägerin/des Revisionsklägers hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Ein Gewerbetreibender kann seinen Betrieb nicht steuerneutral an seinen Nachfolger übergeben, wenn er sich den Nießbrauch vorbehält und seine bisherige gewerbliche Tätigkeit fortführt. § 6 Abs. 3 S. 1 EStG erlaubt es zwar, einen Betrieb ohne die Aufdeckung stiller Reserven zu übertragen. Laut BFH setzt dies allerdings voraus, dass der Übertragende seine bisherige gewerbliche Tätigkeit einstellt. Daran fehlt es, wenn die einzige wesentliche Betriebsgrundlage aufgrund des vorbehaltenen Nießbrauchs vom bisherigen Betriebsinhaber weiterhin gewerblich genutzt wird.

Vorliegend hat die Klägerin zwar unentgeltlich einen Betrieb übertragen; für eine steuerneutrale Übertragung ist jedoch zusätzlich erforderlich, dass dem Erwerber die betriebliche Betätigung ermöglicht wird und sich der Übertragende gleichzeitig einer weiteren Tätigkeit im Rahmen des übertragenen Gewerbebetriebes enthält. Dabei macht es keinen Unterschied, ob ein aktiv betriebener oder ein verpachteter Betrieb übertragen wird.

Damit wird die bisherige, für die Übertragung von Gewerbebetrieben geltende BFH-Rechtsprechung bestätigt. Davon zu unterscheiden ist die Judikatur, die eine steuerneutrale Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs unter Nießbrauchsvorbehalt erlaubt. Diese ist laut BFH auf den Streitfall nicht übertragbar. Entscheidend ist, dass der Begriff "Gewerbebetrieb" eine tätigkeitsbezogene Komponente aufweist. Daher ist Voraussetzung einer Betriebsübergabe, dass der Gewerbetreibende nicht nur die Betriebsmittel überträgt, sondern auch seine durch den betrieblichen Organismus bestimmte gewerbliche Tätigkeit aufgibt.

Linkhinweis:

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