01.07.2016

Umsatzsteuer: Leistungen einer Privatklinik sind in der Regel umsatzsteuerfrei

Der BFH hat zwischenzeitlich wiederholt zutreffend entschieden, dass die nationale Steuerbefreiungsvorschrift aufgrund des dort niedergelegten Bedarfsvorbehalts mit zwingenden unionsrechtlichen Vorgaben nicht vereinbar ist, so dass sich der Betreiber einer Privatklinik für die Steuerfreiheit seiner Leistungen unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1b MwStSystRL berufen kann. Allerdings ist die Frage, ob sich auch eine Privatklinik, die mangels Zulassung nach § 108 SGB V und mangels Abschlusses eines Strukturvertrags gem. § 73a SGB V keine gesetzlich versicherten Patienten behandelt, auf Art. 132 Abs. 1b) MwStSystRL berufen kann, von grundsätzlicher Bedeutung.

FG Köln 13.4.2016, 9 K 3310/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH und Betreiberin einer Privatklinik. Sie ist im Besitz einer Konzession zum Betrieb einer Privatkrankenanstalt gem. § 30 GewO. Danach wird der Klinikbetrieb ausschließlich in angemieteten Räumen eines anderen Krankenhauses durchgeführt. Die Konzession erstreckt sich auf max. 34 Betten. Sie betrifft sämtliche diagnostischen und therapeutischen Tätigkeiten, die im Gesellschaftsvertrag der Klägerin aufgeführt sind. Eine andere Privatklinik nutzt das Krankenhaus in ähnlicher Weise. Sozialversicherungsrechtliche Zulassungen (§ 108 SGB V) oder sonstige Verträge mit Sozialversicherungsträgern (§§ 108 Nr. 3, 109 SGB V, § 73a SGB V) bestehen nicht; die Klägerin ist nicht in den Krankenhausplan (§ 108 Nr. 2 SGB V) des Landes NRW aufgenommen. Sie verfügt über keine Zulassung als medizinisches Versorgungszentrum (§ 95 SGB V).

Nach der für das Jahr 2007 vorliegenden OP-Statistik rechnete die Klägerin ihre Leistungen nach den sog. G-DRG-Fallpauschalen (German-Diagnosis Related Groups als pauschalierendes Vergütungssystem nach § 17b des Krankenhausfinanzierungsgesetzes) ab. Darüber hinaus stellte sie Kosten für die Zimmernutzung in Rechnung. Diese Abrechnungspraxis behielt sie auch im Streitjahr 2009 bei. Im Streitjahr gab die Klägerin Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Januar bis einschließlich Juni ab, denen das Finanzamt folgte. Für die Monate Juli, August und September gab sie keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Das Finanzamt schätzte daher die steuerpflichtigen Umsätze sowie die abzugsfähigen Vorsteuerbeträge anhand der für die vorherigen Voranmeldezeiträume abgegebenen Voranmeldungen.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid 2009 ist rechtswidrig.

Die von der Klägerin im Streitjahr 2009 erbrachten Leistungen waren als Krankenhausleistungen gem. Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL umsatzsteuerfrei. Die in Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL vorgesehene Steuerbefreiung für näher bezeichnete Krankenhausleistungen und ärztliche Heilbehandlungen sowie damit eng verbundene Umsätze hatte der Gesetzgeber im Streitjahr 2009 in § 4 Nr. 14b) UStG in nationales Recht umgesetzt. Die Klägerin erfüllte die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift zwar nicht. Allerdings hat der BFH zwischenzeitlich wiederholt zutreffend entschieden, dass diese nationale Steuerbefreiungsvorschrift aufgrund des dort niedergelegten Bedarfsvorbehalts mit zwingenden unionsrechtlichen Vorgaben nicht vereinbar ist, so dass sich der Betreiber einer Privatklinik für die Steuerfreiheit seiner Leistungen unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1b MwStSystRL berufen kann (BFH-Urt. v. 23.10.2014, Az.: V R 20/14 und v. 18.3.2015, Az.: XI R 38/13).

Die Klägerin hatte im Streitjahr entsprechend ihrem Satzungszweck ausschließlich Krankenhausbehandlungen i.S.v. Art. 132b) MwStSystRL durchgeführt. Es handelte sich bei der Klägerin auch um eine "ordnungsgemäß anerkannte Einrichtung gleicher Art"; es konnte daher offen bleiben, ob sich das Erfordernis der Anerkennung nur auf andere Einrichtungen gleicher Art, nicht aber auf Krankenanstalten sowie Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik bezog. Schließlich hatte die Klägerin ihre Leistungen im Streitjahr in sozialer Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen erbracht wie Krankenhäuser, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 SGB V zugelassen sind.

Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid für 2009 war dennoch nicht aufzuheben, sondern lediglich im tenorierten Umfang zu ändern. Denn die Klägerin schuldet die von ihr in den Rechnungen des Streitjahres 2009 offen ausgewiesene Umsatzsteuer i.H.v. insgesamt 92.218 € gem. § 14c Abs. 1 UStG. Der Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG war nicht zu gewähren, da die Klägerin die bezogenen Leistungen ausschließlich zur Erbringung steuerfreier Ausgangsumsätze verwendet hatte. Allerdings ist die Frage, ob sich auch eine Privatklinik, die mangels Zulassung nach § 108 SGB V und mangels Abschlusses eines Strukturvertrags gem. § 73a SGB V keine gesetzlich versicherten Patienten behandelt, auf Art. 132 Abs. 1b) MwStSystRL berufen kann, von grundsätzlicher Bedeutung, weshalb die Revision zugelassen wurde.

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