24.10.2016

Vermietung einzelner Zimmer in sog. Modellwohnungen an Prostituierte stellt im Regelfall keine gewerbliche Tätigkeit dar

Die Vermietung von einzelnen Zimmern in sog. Modellwohnungen an Prostituierte stellt im Regelfall keine gewerbliche Tätigkeit dar. Kleinere Gefälligkeiten gegenüber den Mieterinnen nach Art einer Hausmeistertätigkeit vermögen der Vermietung kein gewerbliches Gepräge zu geben.

FG Hamburg 13.5.2016, 2 V 271/15
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller hatte in den Streitjahren 2010 bis 2012 möblierte Zimmer in von ihm angemieteten sog. Modellwohnungen an Prostituierte vermietet. Er erklärte insoweit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Nach einer Außenprüfung im Jahr 2014 sah das Finanzamt die Voraussetzungen für eine (Zu)Schätzung als erfüllt an, weil der Antragsteller keine Aufzeichnungen und kein Kassenbuch habe vorlegen können.

Aufgrund der Aussagen der Untermieterinnen gegenüber der Finanzkontrolle Schwarzarbeit ging die Behörde davon aus, dass höhere Mieten als in den schriftlichen Untermietverträgen ausgewiesen erzielt worden waren. Außerdem sah das Finanzamt die Überlassung der Räumlichkeiten als gewerbliche Zimmervermietung an, weil über eine normale Vermietung hinausgehende umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbracht worden seien.

Der Antragsteller behauptete, er habe keine über die eigentliche Vermietungstätigkeit hinausgehenden Leistungen erbracht. Er habe insoweit lediglich für Notfälle oder die Durchführung kleiner Reparaturarbeiten in Absprache mit den Mieterinnen Zutrittsmöglichkeiten zu den vermieteten Räumen gehabt. Wenn er gelegentlich während der Heizperiode von den Mieterinnen offen gelassene Fenster verschlossen habe, rechtfertige dies keine andere Beurteilung.

Das FG gab dem Antrag, die Einkommensteuerbescheide für 2010 bis 2012 insoweit von der Vollziehung auszusetzen teilweise statt. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat zum Teil Erfolg. Bei der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Prüfung unter Berücksichtigung der präsenten Beweismittel war davon auszugehen, dass der Antragsgegner zu Unrecht von gewerblichen Einkünften anstatt von Vermietungseinkünften ausgegangen war.

Bei der Überlassung von Wohnräumen ist in der Regel eine gewerbliche Tätigkeit anzunehmen, wenn die Tätigkeit eine dem Beherbergungsbetrieb vergleichbare Organisation bedingt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn neben der Vermietung von Wohnräumen nicht übliche Sonderleistungen des Vermieters erbracht werden oder die Mieter besonders häufig wechseln. Auch der Abschluss befristeter Mietverträge über mehrere möblierte Wohnräume allein gibt der Vermietungstätigkeit noch kein gewerbliches Gepräge. Auch die Untervermietung von möblierten Zimmern an Dauermieter ist regelmäßig keine gewerbliche Betätigung. Das gilt auch dann, wenn der Vermieter übliche Nebenleistungen, wie die Zimmerreinigung, erbringt. Infolgedessen durfte die Vermietungstätigkeit des Antragstellers nicht als gewerblich angesehen werden.

Nach den Feststellungen der Außenprüfung soll der Antragsteller als sonstige zusätzliche Leistungen eine "besondere Fürsorge gegenüber seinen Mieterinnen" erbracht haben, die sich im Abholen von der Bahn, dem Zeigen der Umgebung (Einkaufsmöglichkeiten, Ärzte etc), Herunterdrehen der Heizungen in den Zimmern, Schließen der Fenster in den Zimmern und Vornahme von Überweisungen der Inseratsgebühren für einige Mieterinnen ausgedrückt hatte. Diese Leistungen, denen nach Aktenlage keine vertraglichen Verpflichtungen zugrunde lagen, erwiesen sich - jedenfalls bei summarischer Betrachtung - als bloße Gefälligkeiten oder übliche Hausmeistertätigkeiten, die einer Nutzungsüberlassung nicht ein gewerbliches Gepräge zu geben vermochten.

Die Voraussetzungen für eine (Zu)Schätzung dürften jedoch dem Grunde nach erfüllt sein. Nach § 96 Abs. 1 S. 1 FGO i.V.m. § 162 Abs. 1 AO sind Besteuerungsgrundlagen durch das Gericht - wie durch die Finanzbehörde - zu schätzen, soweit es sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er zu führen hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden können. Das Fehlen einer Verpflichtung zur Aufzeichnung bedeutet nicht, dass das Finanzamt die erklärten Gewinne oder Verluste stets ungeprüft übernehmen müsste. Es ist anerkannt, dass Betriebsausgaben nur insoweit berücksichtigt werden können, als sie der Steuerpflichtige auf Verlangen durch Vorlage von Belegen nachweist. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige die Betriebseinnahmen und -ausgaben nicht aufzeichnen muss. Er trägt dennoch die objektive Beweislast.

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