21.07.2014

Wie sind Ausgleichszahlungen für rechtswidrig zu viel geleistete Mehrarbeit zu behandeln?

Ausgleichszahlungen für rechtswidrig zu viel geleistete Mehrarbeit (hier: die Mehrarbeit eines Feuerwehrbeamten) stellen Arbeitslohn dar und sind nicht als nicht steuerbarer Schadensersatz zu behandeln. Allein der Umstand, dass eine Leistung des Arbeitgebers tatsächlich oder rechtlich im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht, reicht zur Bejahung des Tatbestandsmerkmals "für eine Beschäftigung" nicht aus.

FG Münster 31.3.2014, 1 K 2795/13 E u.a.
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist als Feuerwehrbeamter bei der Berufsfeuerwehr angestellt und erzielt aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 19 EStG. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2012 erklärte er neben seinen Bruttoeinnahmen auch Versorgungsbezüge für mehrere Jahre i.H.v. 19.891 €. Diesbezüglich machte er geltend, es handle sich um mit Abhilfebescheid festgesetzte Ausgleichszahlungen für in den Jahren 2002 bis 2006 rechtswidrig zu viel geleistete Mehrarbeit. Die Bezüge seien als Schadensersatzleistung steuerfrei zu belassen.

Das beklagte Finanzamt bezog den o.a. Betrag entsprechend dem Ausweis auf der elektronischen Lohnsteuerkarte als nach § 34 Abs. 1 EStG ermäßigt zu besteuernden Arbeitslohn für mehrere Jahre in die Veranlagung des Klägers für das Streitjahr 2012 ein. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt war im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die streitbefangenen Ausgleichszahlungen steuerpflichtige Einnahmen des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit waren.

Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld- oder Geldeswert bestehen und die einem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen. Kein Arbeitslohn liegt hingegen vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsverhältnisse oder aufgrund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird. Allein der Umstand, dass eine Leistung des Arbeitgebers tatsächlich oder rechtlich im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht, reicht zur Bejahung des Tatbestandsmerkmals "für eine Beschäftigung" nicht aus.

Infolgedessen stand im vorliegenden Fall fest, dass dem Kläger die streitbefangene Ausgleichszahlung letztendlich für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zugeflossen war. Unerheblich war, ob die Entschädigung Ausfluss eines unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs war. Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 27.7.2012 (Az. 2 C 29/11) insoweit ausgeführt, der zusätzliche Dienst eines Beamten und der damit verbundene Verlust an Freizeit und Erholungszeit stelle nach nationalem Recht keinen Schaden i.S.d. zivilrechtlichen Schadensersatzrechts dar. Nach Ansicht des BVerwG steht einem Betroffenen für die unionrechtswidrig geleistete Zuvielarbeit neben einem möglichen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch aus den Grundsätzen von Treu und Glauben i.V.m. den Regeln über den Ausgleich von Mehrarbeit zu.

Diese Einordnung sowie auch die konkrete Berechnung der Entschädigungszahlung im Einzelfall durch den Arbeitgeber des Klägers in Anlehnung an das Gesetz über die Mehrarbeit von Feuerwehrleuten belegten eindeutig, dass die Ausgleichszahlung nach objektiven Grundsätzen dem Kläger für seine Beschäftigung im öffentlichen Dienst zugeflossen war und somit Arbeitslohncharakter hatten. Für diese Einordnung sprach im Übrigen auch, dass nach ständiger BFH-Rechtsprechung etwa Entschädigungszahlungen in der Bauwirtschaft für verfallende Urlaubsansprüche als Lohnzahlung zu behandeln sind. Beide Sachverhalte waren bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise gleich zu behandeln.

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