16.07.2014

Zum Recht auf Zurückbehaltung des geschuldeten Entgelts wegen nicht erteilter Rechnung nach § 14 UStG

Besteht ein Anspruch auf Erteilung einer Rechnung nach § 14 UStG, kann der Leistungsempfänger das von ihm geschuldete Entgelt grundsätzlich nach § 273 Abs. 1 BGB zurückhalten, bis der Leistende ihm die Rechnung erteilt. Ist ernstlich zweifelhaft, ob die Leistung der Umsatzsteuer unterliegt, kann der Leistungsempfänger die Erteilung einer Rechnung nach § 14 UStG mit gesondert ausgewiesener Steuer nur verlangen, wenn die zuständige Finanzbehörde den Vorgang bestandskräftig der Umsatzsteuer unterworfen hat.

BGH 26.6.2014, VII ZR 247/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin, die als Handelsmaklerin u.a. betriebliche und private Versicherungen vermittelt, schloss mit dem Beklagten im März 2011 einen als Handelsvertretervertrag bezeichneten Vertrag. Die Klägerin verpflichtete sich u.a. dazu, den Beklagten bei dessen Vermittlungstätigkeit zu unterstützen und "zur Erfüllung seiner Tätigkeiten kostenpflichtiges Adressenmaterial (Leads) zur Verfügung" zu stellen.

Die Parteien schlossen ferner eine "Zusatz-Vereinbarung Leads". Dieser Vereinbarung zufolge stellt die Klägerin dem Beklagten zur Erfüllung seiner Tätigkeiten qualifiziertes und teilweise terminiertes Adressenmaterial (Leads) zur Verfügung. Bei den durch die Leads bezeichneten Interessenten sollte der Beklagte Beratungstermine wahrnehmen und Versicherungsverträge für die Klägerin vermitteln. Die Parteien vereinbarten im Rahmen der Zusatzvereinbarung, dass die Leads dem Beklagten gegen Entgelt zur Verfügung gestellt werden. Für einen Lead zu einer privaten Krankenvollversicherung sollten 160 € von dem Beklagten an die Klägerin gezahlt werden.

Die Klägerin übermittelte dem Beklagten verschiedene Leads für eine private Krankenvollversicherung. Im Mai 2011 stellte sie dem Beklagten für acht Leads einen Betrag von 1.280 € in Rechnung. Eine Zahlung des Beklagten erfolgte nicht. Mit der Klage macht die Klägerin den genannten Zahlungsanspruch i.H.v. 1.280 € zzgl. Zinsen geltend.

AG und LG gaben der Klage antragsgemäß statt. Das LG ließ die Revision zu, soweit sie sich auf die dem Beklagten versagte Geltendmachung des Rechts bezieht, die Zahlung bis zur Erteilung einer Rechnung gem. § 14 UStG zurückzuhalten. Die Revision des Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das LG hat zutreffend angenommen, dass der Beklagte nicht das Recht hat, die Zahlung bis zur Erteilung einer Rechnung gem. § 14 UStG mit gesondertem Steuerausweis zurückzuhalten.

Besteht ein Anspruch auf Erteilung einer Rechnung nach § 14 UStG, kann der Leistungsempfänger das von ihm geschuldete Entgelt nach § 273 Abs. 1 BGB zurückhalten, bis der Leistende ihm die Rechnung erteilt. Bestehen allerdings ernstliche Zweifel daran, dass die Leistung der Umsatzsteuer unterliegt, kann der Leistungsempfänger die Erteilung einer Rechnung nach § 14 UStG mit gesondert ausgewiesener Steuer nur verlangen, wenn die zuständige Finanzbehörde den Vorgang bestandskräftig der Umsatzsteuer unterworfen hat.

Dem kommt es im Ergebnis gleich, wenn einer Klage des Leistungsempfängers gegen das für die Umsatzsteuerfestsetzung gegenüber dem Leistenden zuständige Finanzamt auf Feststellung, dass der betreffende Umsatz steuerbar und steuerpflichtig ist, durch rechtskräftige Entscheidung stattgegeben wird. Soweit der Leistungsempfänger danach die Erteilung einer Rechnung nach § 14 UStG mit gesondert ausgewiesener Steuer nicht verlangen kann, steht ihm ein entsprechendes Zurückbehaltungsrecht nicht zu.

Bei einer solchen ernstlich zweifelhaften Steuerrechtslage ist für den Leistenden in der Regel unzumutbar, eine Rechnung nach § 14 UStG mit gesondertem Steuerausweis auszustellen, die unter Umständen nach der Beurteilung der zuständigen Finanzbehörde zu Unrecht einen Steuerausweis enthält. Der Leistende wäre damit dem Risiko ausgesetzt, dass allein durch einen solchen Steuerausweis eine - ansonsten nicht bestehende - Steuerschuld ausgelöst wird. Die für den Leistenden grundsätzlich eröffneten Korrekturmöglichkeiten gem. § 14c UStG kompensieren die mit diesem Risiko verbundene Belastung nicht hinreichend.

Nach diesen Maßstäben steht dem Beklagten das geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht nicht zu. Das LG hat unangefochten festgestellt, dass der streitige Vorgang nicht durch die zuständige Finanzbehörde bestandskräftig der Umsatzsteuer unterworfen ist. Der Beklagte hat auch nicht geltend gemacht, dass er Klage vor den Finanzgerichten auf Feststellung, dass der betreffende Umsatz steuerbar und steuerpflichtig ist, erhoben hätte.

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