01.08.2014

Zur Abzugsfähigkeit von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen

Voraussetzung für den Abzug von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen ist, dass sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat. Will das Familiengericht den Beteiligten beim Zugewinnausgleich einen Vergleichsvorschlag unterbreiten, kann davon ausgegangen werden, dass das Verfahren vor dem AG nicht mutwillig oder leichtfertig geführt wurde.

FG Münster 16.12.2013, 7 K 2195/12 E
Der Sachverhalt:
Der Kläger erzielte im Streitjahr 2011 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung 2011 machte er Prozess- und Rechtsanwaltskosten i.H.v. 9.114 €, die ihm im Rahmen zweier Zivilprozesse entstandenen waren, als außergewöhnliche Belastungen geltend.

Nach der Trennung von seiner Frau war es zu Unstimmigkeiten und damit zu seiner Inanspruchnahme aus einem behaupteten Darlehnsvertrag durch seine Schwiegereltern gekommen. Der Kläger obsiegte in erster Instanz vor dem LG und stimmte vor dem OLG einem Vergleich zu. In dem Verfahren vor dem AG über den Zugewinnausgleich mit seiner geschiedenen Ehefrau unterbreitete das Gericht den Parteien einen schriftlichen Vergleichsvorschlag.

Das Finanzamt führte die Einkommensteuerveranlagung 2011 ohne Berücksichtigung der geltend gemachten Prozess- und Rechtsanwaltskosten durch. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die dem Kläger entstandenen Aufwendung im Zusammenhang mit der Führung der Zivilprozesse vor dem LG bzw. OLG und vor dem AG i.H.v. insgesamt 9.114 € stellten außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 Abs. 1 EStG dar und waren nach Abzug der zumutbaren Eigenbelastung gem. § 33 Abs. 3 EStG bei der Steuerfestsetzung vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen.

Kosten eines Zivilprozesses können nach der neueren BFH-Rechtsprechung (Urt. v. 12.5.2011, Az.: VI R 42/10), der sich der erkennende Senat anschließt, unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig entstehen. Entgegen der früheren Rechtsprechung ist für die Frage der Zwangsläufigkeit von Prozesskosten nicht mehr auf die Unausweichlichkeit des dem strittigen Zahlungsanspruch zugrunde liegenden Ereignisses abzustellen. Vielmehr liegt für den Steuerpflichtigen die Unausweichlichkeit bereits darin, dass er im Verfassungsstaat des GG den Rechtsweg beschreiten muss. Voraussetzung für den Abzug als außergewöhnliche Belastungen ist jedoch, dass sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat.

Der von dem Kläger geführte Rechtsstreit gegen die Inanspruchnahme aus einem behaupteten Darlehnsvertrag vor dem LG und dem OLG erfüllte diese Voraussetzungen. Dass die Verteidigung gegen den geltend gemachten Darlehnsrückzahlungsanspruch nicht mutwillig war und ausreichende Erfolgsaussichten hatte, zeigte sich an dem Obsiegen in erster Instanz. Auch die vergleichsweise Beendigung des Verfahrens in zweiter Instanz zeigte, dass der Kläger seine Rechtsposition mit hinreichenden Erfolgsaussichten verteidigt hatte.

Auch das Verfahren vor dem AG den Zugewinnausgleich betreffend wurde nicht mutwillig oder leichtfertig geführt. Dies ergab sich aus dem Umstand, dass das Familiengericht den Beteiligten einen Vergleichsvorschlag unterbreiten wollte. Wenn die Rechtsposition des Klägers von Anfang an aussichtslos gewesen wäre, wäre für einen Vergleichsvorschlag des Gerichts kein Raum gewesen. Der Senat folgte auch in der Beurteilung des Verfahrens über den Zugewinnausgleich der neueren BFH-Rechtsprechung. Die frühere Rechtsprechung zu den Scheidungsfolgesachen, nach der es für die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung darauf ankam, dass die im Zusammenhang mit der Ehescheidung stehenden Verfahren auch im Verfahrensverbund gem. § 623 ZPO standen, sieht der Senat als überholt an.

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