20.08.2014

Zur Anwendung des Abgeltungsteuersatzes bei der Gewährung eines Darlehens an eine GmbH durch eine dem Anteilseigner nahe stehende Person

Der gesonderte Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 32d Abs. 1 EStG ist bei einer Darlehensgewährung an eine GmbH nicht schon deshalb nach § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. b S. 2 EStG ausgeschlossen, weil der Gläubiger der Kapitalerträge ein Angehöriger der zu mehr als 10 Prozent an der Schuldnerin beteiligten Anteilseigner ist.

BFH 14.5.2014, VIII R 31/11
Der Sachverhalt:
Die Revisionsklägerin ist Rechtsnachfolgerin der zwischenzeitlich verstorbenen Klägerin des Ausgangsverfahrens. Letztere gewährte im Jahr 2002 einer GmbH, an der ihre Tochter T zu 28 Prozent und ihre beiden Enkelkinder E 1 und E 2 zu jeweils 36 Prozent beteiligt waren, ein festverzinsliches Darlehen i.H.v. 250.000 €. Das Darlehen hatte eine Laufzeit von fünf Jahren. Im Streitjahr 2009 erzielte die Klägerin aus dem Darlehen Kapitalerträge i.H.v. 6.290 €.

Das Finanzamt berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid für 2009 diese Zinserträge als Kapitaleinkünfte, die der tariflichen Einkommensteuer gem. § 32a Abs. 1 EStG unterliegen. Die Klägerin ist der Ansicht, dass der gesonderte Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. 25 Prozent anzuwenden sei (§ 32d Abs. 1 EStG). Das Finanzamt vertritt demgegenüber die Meinung, die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes gem. § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. b S. 2 EStG sei ausgeschlossen, da die Klägerin als Gläubigerin der Kapitalerträge den Anteilseignern der GmbH, die zu mindestens 10 Prozent an der Gesellschaft beteiligt seien, nahestehe.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Anwendung des gesonderten Steuertarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 32d Abs. 1 EStG gem. § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. b S. 2 EStG ausgeschlossen ist. Die Klägerin als Gläubigerin der Kapitalerträge und E 1, E 2 und T als an der Schuldnerin der Kapitalerträge mit mindestens 10 Prozent beteiligte Anteilseigner sind nicht als einander nahestehende Personen im Sinne dieser Vorschrift anzusehen.

Die Kapitalerträge der Klägerin werden gem. § 32d Abs. 1 EStG nach dem günstigeren Abgeltungsteuersatz besteuert, da nach dem Willen des Gesetzgebers auch bei der Regelung des § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. b S. 2 EStG ein lediglich aus der Familienangehörigkeit abgeleitetes persönliches Interesse nicht ausreicht, um ein Näheverhältnis zu begründen. Erforderlich ist vielmehr, dass eine der Vertragsparteien einen beherrschenden oder außerhalb der Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss ausüben kann oder ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hat.

Dies war vorliegend nicht der Fall. Es lag zwischen der Klägerin und den Anteilseignern der GmbH kein Beherrschungsverhältnis vor. Selbst wenn man davon ausgeht, dass grundsätzlich jede - also auch eine natürliche - Person beherrscht werden kann, setzt dies jedenfalls voraus, dass der beherrschten Person aufgrund eines absoluten Abhängigkeitsverhältnisses im Wesentlichen kein eigener Entscheidungsspielraum verbleibt. Dies gilt auch für Beziehungen zwischen nahen Angehörigen, wie Eltern und Kindern und Großeltern und Enkeln.

Dass dies bei der Klägerin, E 1, E 2 und T der Fall war, ist nicht ersichtlich. Es gibt weder Anhaltspunkte dafür, dass diese auf den jeweils anderen einen außerhalb der Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss ausübten, noch dass die Vertragsparteien ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hatten. Eine missbräuchliche Gestaltung zur Ausnutzung des gesonderten Steuertarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen ist danach nicht ersichtlich.

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BFH PM Nr. 60 vom 20.8.2014
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