31.07.2014

Zur Haftung des Steuerhehlers bei Erwerb von schwarzgebranntem Alkohol

Das FG kann sich, ohne die Strafakten beizuziehen, die in einem rechtskräftigen Strafurteil des LG getroffenen Feststellungen zu eigen machen, wenn gegen die Entscheidung des BGH, mit der dieser die gegen das Urteil des LG eingelegte Revision als unbegründet zurückgewiesen hat, keine substantiierten Einwendungen erhoben wurden. Die Grundsätze der anteiligen Haftung für die Umsatzsteuer, die für die Haftung nach § 69 AO entwickelt wurden, können nicht auf die Haftung eines Steuerhehlers nach § 71 AO für die durch Schwarzbrennen entstandene Branntweinsteuer übertragen werden.

BFH 23.4.2014, VII R 41/12
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war zusammen mit ihrem Mann und ihrer Tochter an einer GmbH beteiligt, die Abfindungsbranntwein kaufte und verkaufte. Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 2005 wurde die Klägerin Geschäftsführerin der GmbH. Nach den Feststellungen des Zollfahndungsamts und des LG kauften die Klägerin und ihr Mann zwischen 1999 und 2002 in mindestens vier Fällen gemeinschaftlich handelnd von einem Herrn B. größere Mengen reinen Alkohol. B. hatte den Branntwein seinerseits zuvor von einem Herrn C. erworben, der den Branntwein in einer von ihm ohne Genehmigung betriebenen Brennerei hergestellte.

Wegen des Erwerbs des Branntweins (vier Taten mit zusammen 331 Einzelgeschäften) wurde die Klägerin im Oktober 2008 vom LG wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei zu einer Gesamtgeldstrafe verurteilt. Die dagegen beim BGH eingelegte Revision hatte keinen Erfolg. Aufgrund der vom Zollfahndungsdienst im Rahmen der strafrechtlichen Ermittlungen gewonnenen Erkenntnisse nahm der das HZA die Klägerin sowie B. und C. mit Haftungsbescheid nach § 71 AO gesamtschuldnerisch als Haftungsschuldner auf Zahlung der nicht entrichteten Branntweinsteuer in Anspruch.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Dabei machte sich das Gericht die strafgerichtlichen Feststellungen zu eigen. Da eine Auseinandersetzung mit der letztinstanzlichen strafgerichtlichen Entscheidung fehle, bestehe keine Veranlassung zu der Annahme, die im Strafverfahren getroffenen Feststellungen seien unzutreffend. Daher habe auch kein Anlass zur Beiziehung der Strafakten bestanden. Dies rügte die Klägerin u.a. in ihrer Revision. Der BFH wies diese allerdings zurück.

Die Gründe:
Das FG hat die ihm obliegende Sachaufklärungspflicht nicht dadurch verletzt, dass es von einer eigenen Beweisaufnahme, insbesondere von der Beiziehung sämtlicher Strafakten, abgesehen und sich stattdessen die Feststellungen des LG zu eigen gemacht hatte. Ein FG kann sich ohne die Strafakten beizuziehen die in einem rechtskräftigen Strafurteil des LG getroffenen Feststellungen zu eigen machen, wenn - wie hier - gegen die Entscheidung des BGH, mit der dieser die gegen das Urteil des LG eingelegte Revision als unbegründet zurückgewiesen hat, keine substantiierten Einwendungen erhoben wurden.

Aufgrund des Klagevorbringens und des Akteninhalts musste sich dem FG eine weitere Aufklärung des Sachverhalts nicht aufdrängen, zumal die Klägerin im Wesentlichen ihre gegen das Urteil des LG erhobenen Einwände wiederholt hatte. Insofern war die aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnene Überzeugung des FG - das insbesondere den von der Klägerin unterschriebenen Belegen eine streitentscheidende Bedeutung beigemessen hatte - nachvollziehbar, die Klägerin, die für die Buchhaltung der GmbH verantwortlich war, habe die durch die Belege ausgewiesene Menge an unversteuertem Branntwein tatsächlich übernommen und damit einen eigenen Tatbeitrag zu einer Steuerhehlerei (§ 374 AO) geleistet.

Zu Recht hatte das FG auch geurteilt, die Behauptung der Klägerin, der Steuerschuldner sei zur Entrichtung der Branntweinsteuer nicht in der Lage gewesen, so dass nach dem Grundsatz der anteiligen Haftung der Steuerschaden nicht habe eintreten können, stehe der haftungsrechtlichen Inanspruchnahme der Klägerin nach § 71 AO nicht entgegen. Schließlich können die Grundsätze der anteiligen Haftung für die Umsatzsteuer, die der Senat für die Haftung nach § 69 AO entwickelt hat, nicht auf die Haftung eines Steuerhehlers nach § 71 AO für die durch Schwarzbrennen entstandene Branntweinsteuer übertragen werden. Bei einem rechtmäßigen Verhalten des Steuerschuldners, nämlich dem Unterlassen des Schwarzbrennens, wäre es zu einer Steuerentstehung nach § 136 Abs. 3 Nr. 1 des Gesetzes über das Branntweinmonopol a.F. überhaupt nicht gekommen. Hätte sich die Klägerin rechtmäßig verhalten, wäre die Frage einer haftungsrechtlichen Inanspruchnahme nach § 71 AO gar nicht aufgekommen.

Linkhinweis:

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