24.11.2014

Anforderungen an Schutzfähigkeit von Seminarunterlagen

Kursunterlagen können als Sammelwerk Schutz gem. § 4 UrhG genießen, wenn etwa die Auswahl der Einzelwerke und ihre konkrete Anordnung innerhalb der Unterlagen einen geistigen Gehalt manifestiert, der über die bloße Summe der Inhalte der einzelnen Elemente hinausgeht. Den Urhebern kann ein Urheberrecht an dem Sammelwerk in Miturheberschaft zustehen, wenn sie die Auswahl und Anordnung gemeinsam vorgenommen haben.

OLG Frankfurt a.M. 4.11.2014, 11 U 106/13
Der Sachverhalt:
Die Kläger führten in der Vergangenheit für die Beklagte zu 1), die Seminare anbietet, Schulungen durch. Die Beklagte zu 1), handelnd durch ihren Geschäftsführer, den Beklagten zu 2), übergab das Lehrmaterial ihrem neuen Dozenten. Im Juli 2012 mahnten die Kläger die Beklagte zu 1) wegen angeblicher Urheberrechtsverletzung ab und forderten sie erfolglos zur Abgabe einer Unterlassungserklärung, Auskunftserteilung und Schadenersatz auf. Die Kläger waren der Ansicht, es handele sich bei den Unterlagen um urheberrechtsschutzfähiges Material. Sie behaupteten, sie seien Miturheber.

Die Kläger beantragten, die Beklagten zur Unterlassung sowie im Wege der Stufenklage zur Auskunft und Leistung von Schadenersatz zu verurteilen, die Schadenersatzpflicht der Beklagten festzustellen und die Beklagten zur Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten für die ausgesprochene Abmahnung zu verurteilen. In der mündlichen Verhandlung erklärten die Parteien den Rechtsstreit mit Ausnahme des Antrags auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten übereinstimmend für erledigt.

Das LG wies die Klage hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten ab und legte die Kosten insgesamt den Klägern auf. Auf die Berufung der Kläger hat das OLG die Entscheidung der Vorinstanz unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung im Kostenpunkt teilweise abgeändert.

Die Gründe:
Den allein gegen die Beklagte zu 1) weiterverfolgten Anspruch der Kläger auf Erstattung der Abmahnkosten hatte das LG zu Recht verneint. Den Klägern stand dieser Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Ein solcher Anspruch ergab sich insbesondere nicht aus § 97a UrhG.

Die Berufung war allerdings erfolgreich, soweit sie die Kostenentscheidung des LG als unzutreffend gerügt hatte. Soweit die Parteien den Rechtsstreit erstinstanzlich übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, waren den Beklagten gem. § 91a ZPO die Kosten aufzuerlegen, da anzunehmen war, dass die Kläger ohne die Erledigung insoweit obsiegt hätten. Den Klägern standen bis zur übereinstimmenden Erledigungserklärung gegenüber den Beklagten die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadenersatz hinsichtlich der Seminarunterlagen insgesamt gem. § 97 Abs.1, 2 UrhG zu, denn an den Seminarunterlagen bestand insgesamt Urheberrechts- und Leistungsschutz.

Die Kursunterlagen waren als Sammelwerk gem. § 4 UrhG schutzfähig. Sammelwerke genießen Urheberschutz, wenn bei ihnen die Auswahl oder die Anordnung der einzelnen darin aufgenommenen Elemente eine persönliche geistige Schöpfung i.S.v. § 2 Abs. 2 UrhG darstellen, wenn sich in ihnen damit ein geistiger Gehalt manifestiert, der über die bloße Summe der Inhalte der einzelnen Elemente hinausgeht, wobei der Gesamteindruck entscheidend ist. Dies war vorliegend in Bezug auf die Auswahl der Einzelwerke und ihre konkrete Anordnung innerhalb der Kursunterlagen zu bejahen. Bereits die Auswahl der im Einzelnen aufzunehmenden Texte, der zu verwendenden Fotografien und Darstellungen wissenschaftlicher und technischer Art war nur in geringem Umfang durch den Inhalt der Seminarveranstaltung, deren Durchführung die Unterlagen dienen, vorgegeben, so dass sich ein weiter Entscheidungsspielraum ergab.

Zu Gunsten der Kläger war gem. § 10 UrhG zu vermuten, dass sie Miturheber (§ 8 UrhG) des Sammelwerks sind. Bei einem Sammelwerk i.S.d. § 4 UrhG besagt die Urheberbezeichnung, dass der oder die angegebenen Urheber die Auslese und/oder die Anordnung der einzelnen Beiträge vorgenommen haben, wobei den Urhebern ein solches Urheberrecht an dem Sammelwerk in Miturheberschaft zustehen kann, wenn sie die Auswahl und Anordnung gemeinsam vorgenommen haben. Da sich auf den Seiten der Schulungsunterlagen jeweils Vermerke mit Bezug zu den Klägern befanden, bestand die Vermutung, dass die Kläger Miturheber des Sammelwerks sind. Die Beklagten wiederum hatten das Urheberrecht der Kläger verletzt, indem sie die Unterlagen insgesamt verbreiteten (§§ 15 Abs. 1 Nr. 2, 17 UrhG). Daher bestand eine Wiederholungsgefahr, so dass die geltend gemachten Ansprüche begründet gewesen wären.

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