19.02.2014

Ausnutzung der Unterscheidungskraft ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise setzt kein subjektives Element voraus

Waren und auch Einzelhandelsdienstleistungen, die sich auf diese Waren beziehen, können i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ähnlich sein. Die Ausnutzung der Unterscheidungskraft ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG setzt kein subjektives Element auf Seiten des in Anspruch genommenen Dritten voraus.

BGH 31.10.2013, I ZR 49/12
Der Sachverhalt:
Bei der Klägerin handelt es sich um die Otto GmbH & Co. KG, ein 1949 gegründetes Einzelhandelsunternehmen. Sie vertreibt ihr Warenangebot aufgrund von Katalogen im Versandhandel, über das Internet und in eigenen Geschäften und ist Inhaberin der eingetragenen Wortmarke "OTTO". Die Beklagte betreibt einen Groß- und Einzelhandel mit Sportmode, Bekleidung und Schuhen. Zu ihrem Produktprogramm gehören auch Baseballkappen, die sie unter den Bezeichnungen "OTTO CAP", "OTTO Trucker Cap" sowie "Otto Camouflage" und mit dem Zeichen einer stilisierten Mütze mit der Aufschrift "OTTO" anbot. Das Wort-Bild-Zeichen war auch auf in die Baseballkappen eingenähten Etiketten angebracht. Die Kappen bezog die Beklagte von ihrer in den USA ansässigen Streithelferin, der Otto International Inc.

Die Klägerin sah darin eine Verletzung ihrer Marke und ihres Unternehmenskennzeichens. Nachdem die Beklagte auf eine Abmahnung der Klägerin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hatte, machte die Klägerin gerichtlich Schadensersatz, Auskunft, Herausgabe zur Vernichtung sowie Zahlung von Abmahnkosten geltend. Das LG gab der Klage statt; das OLG stellte hingegen fest, dass der Klägerin aufgrund ihrer Klagemarke kein Schadensersatzanspruch wegen Verwendung des Zeichens "OTTO" durch die Beklagte in Alleinstellung gem. § 14 Abs. 2 u. 6 MarkenG zusteht. Die hiergegen gerichteten Revisionen der Streithelferin der Beklagten und der Klägerin blieben vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
Im Hinblick auf die Revision der Streithelferin der Beklagten hatte das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die Beklagte mit der Verwendung der stilisierten Mütze mit dem Wortbestandteil "OTTO" und der Wortmarke "OTTO CAP" die Unterscheidungskraft der bekannten Klagemarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ausnutzte.

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere die Art der Waren oder Dienstleistungen, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren oder Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen. Von einer Unähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen kann nur dann ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Zeichen die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstandes der Waren oder Dienstleistungen von vornherein ausgeschlossen ist. Insoweit gelten für § 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3 MarkenG keine unterschiedlichen Maßstäbe.

Ohne einen Schutz des Unternehmenskennzeichens im Inland konnte sich für die Streithelferin der Beklagten auch kein rechtfertigender Grund für eine Ausnutzung der Unterscheidungskraft der bekannten Marke der Klägerin ergeben, auf den sich die Beklagte hätte berufen können. Die Ausnutzung der Unterscheidungskraft der Klagemarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise setzt vor allem kein subjektives Element voraus. Die Beklagte brauchte die angegriffene Bezeichnung somit nicht etwa in der Absicht zu verwenden, die Unterscheidungskraft der bekannten Klagemarke auszunutzen.

Was die Revision der Klägerin betraf, so war das OLG zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin aufgrund ihrer Klagemarke kein Schadensersatzanspruch wegen Verwendung des Zeichens "OTTO" durch die Beklagte in Alleinstellung gem. § 14 Abs. 2 u. 6 MarkenG zusteht. Ein solcher Schadensersatzanspruch setzt nämlich eine Verletzungshandlung voraus. Eine Verwendung der Bezeichnung "OTTO" in Alleinstellung hatte das Berufungsgericht aber nicht festgestellt.

Liegt eine Verletzungshandlung nach § 14 Abs. 2 MarkenG nicht vor, scheiden auch Ansprüche auf Herausgabe zur Vernichtung und auf Auskunftserteilung nach §§ 18, 19 MarkenG, § 242 BGB aus. Ebenso ergaben sich hier auch keine Ansprüche wegen Verletzung des Unternehmenskennzeichens der Klägerin nach § 15 Abs. 2 bis 4, §§ 18, 19 MarkenG, § 242 BGB und wegen einer irreführenden Verwendung der angegriffenen Zeichen nach §§ 3, 5, 9 UWG i.V..m. § 242 BGB im Hinblick auf eine Benutzung der Bezeichnung "OTTO" in Alleinstellung.

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