24.04.2017

Beschränkte Verteidigung des Streitpatents durch Kombination ist unzulässig - Ankopplungssystem

Ein Patent kann vom Nichtigkeitsbeklagten nur insoweit beschränkt verteidigt werden, als es vom Nichtigkeitskläger angegriffen wird. Die beschränkte Verteidigung des Streitpatents durch Kombination eines angegriffenen Anspruchs mit einem nicht angegriffenen Unteranspruch oder mit einer von mehreren Varianten eines nicht angegriffenen Unteranspruchs ist unzulässig.

BGH 1.3.2017, X ZR 10/15
Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist Inhaberin des - unter Inanspruchnahme der Priorität einer schwedischen Patentanmeldung vom 8.1.1998 - am 30.12.1998 angemeldeten und mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Streitpatents. Dieses beruht auf einer Teilanmeldung; die Stammanmeldung ist als WO 99/08237 (N3) veröffentlicht. Das Streitpatent betrifft ein Ankopplungssystem, das ein selbstfahrendes Arbeitsgerät insbesondere für die Bearbeitung eines Bodens oder Fußbodens, wie Rasenmähen, Moosentfernen, Bewässern, Staubsaugen, Polieren oder Transportieren, sowie eine Ankopplungsstation für das Arbeitsgerät umfasst. In der Streitpatentschrift wird ausgeführt, dass aus dem US-amerikanischen Patent 5 440 216 (N5) ein Ankopplungssystem bekannt sei, das einen Bodenreinigungsroboter und eine Ankopplungsstation zum Aufladen der Batterie des Roboters aufweise.

Nach den Erläuterungen der Streitpatentschrift liegt der Erfindung das Problem zugrunde, ein Ankopplungssystem zu schaffen, das vor Schmutz geschützt ist. Die Klägerin war der Ansicht, der Gegenstand des Streitpatents sei im angegriffenen Umfang nicht patentfähig und gehe über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung hinaus. Das Patentgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat der BGH das Urteil des Bundespatentgerichts abgeändert und das europäische Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

Gründe:
Der Gegenstand des Patentanspruchs war zwar neu, beruhte aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da er sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergab. Da die Erwägung, die Übertragungsteile vor Verschmutzung zu schützen, insbesondere bei einem niedrigen Gehäuse Anlass gab, das Übertragungsteil möglichst weit oben anzuordnen, wie dies auch bei der N5 realisiert wurde, bot es sich bei einer solchen Ausgestaltung an, die Übertragungsteile im Winkelbereich der Ober- und der Seitenfläche anzuordnen, so dass sich diese auf der Oberseite des Körpers befinden. Mithin ergab sich für den Fachmann bei Einsatz seines Fachwissens und -könnens und ausgehend vom Offenbarungsgehalt der N5 auch das Merkmal 5 in naheliegender Weise.

Auch auf Grundlage der Hilfsanträge der Beklagten konnte der Patentanspruch keinen Bestand haben. Der Gegenstand des Patentanspruchs in der Fassung des Hilfsantrags 1 beruhte nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da er sich (wie oben bereits erläutert für den Fachmann in naheliegender Weise aus der N5 ergab. Und die Verteidigung des Gegenstands des Patentanspruchs in der Fassung des Hilfsantrags 2 war unzulässig. Die beschränkte Verteidigung eines mit einer Teilnichtigkeitsklage angegriffenen Patentanspruchs durch Kombination mit einem insoweit nicht angegriffenen Unteranspruch oder mit einer von mehreren Varianten eines in-soweit nicht angegriffenen Unteranspruchs ist unzulässig.

Ein Patent kann vom Nichtigkeitsbeklagten nur in dem Umfang beschränkt verteidigt werden, in dem es vom Nichtigkeitskläger angegriffen wird. Mit der beschränkten Verteidigung eines teilweise angegriffenen Patents durch Kombination eines angegriffenen Anspruchs mit einem auf diesen rückbezogenen, aber mit der Nichtigkeitsklage nicht angegriffenen Unteranspruch wird das Streitpatent der Sache nach im Umfang des nicht angegriffenen Unteranspruchs zur gerichtlichen Überprüfung gestellt. Die Möglichkeit, das Patent beschränkt zu verteidigen, dient aber allein der Verteidigung des Nichtigkeitsbeklagten gegenüber dem vom Nichtigkeitskläger geführten Angriff auf die Wirksamkeit des Patents und nicht auch der gerichtlichen Überprüfung des Patents im Übrigen.

Im vorliegenden Fall war die beschränkte Verteidigung des Streitpatents durch eine Kombination des Patentanspruchs mit den von der Klägerin nicht angegriffenen Unteransprüchen 5 und 6 damit unzulässig. Unerheblich war, dass von den zwei Varianten in Unteranspruch 5 lediglich die erste im Patentanspruch aufgenommen werden sollte. Unzulässig war weiterhin die Verteidigung des Gegenstands des Patentanspruchs in der Fassung des Hilfsantrags 3, in dem die durch die Fassungen der Hilfsanträge 1 und 2 gegenüber der erteilten Fassung des Patentanspruchs 1 hinzugekommenen Merkmale kombiniert wurden. Denn der Umstand, dass der Patentanspruch in der Fassung des Hilfsantrags 3 neben zwei nicht angegriffenen Unteransprüchen auch mit einem Merkmal kombiniert werden sollte, das nicht Gegenstand eines nicht angegriffenen Unteranspruchs war, änderte nichts daran, dass die Beklagte das Streitpatent damit in im Nichtigkeitsverfahren unzulässiger Weise beschränken wollte.

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