14.12.2012

BGH-Entscheidung zum Tonträger-Sampling ("Metall auf Metall II")

Zwar kann in entsprechender Anwendung des § 24 Abs. 1 UrhG auch die Benutzung fremder Tonträger ohne Zustimmung des Berechtigten erlaubt sein, wenn das neue Werk zu der aus dem benutzten Tonträger entlehnten Tönen oder Klängen einen so großen Abstand hält, dass es als selbständig anzusehen ist. Es ist allerdings unzulässig, die auf einem fremden Tonträger aufgezeichneten Töne oder Klänge im Wege der sog. freien Benutzung für eigene Zwecke zu verwenden, wenn es einem durchschnittlichen Musikproduzenten möglich ist, eine gleichwertige Tonaufnahme selbst herzustellen.

BGH 13.12.2012, I ZR 182/11
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Mitglieder der Musikgruppe "Kraftwerk". Diese hat im Jahr 1977 einen Tonträger veröffentlicht, auf dem sich u.a. das Musikstück "Metall auf Metall" befindet. Die Beklagten zu 2) und 3) sind die Komponisten des Titels "Nur mir", den die Beklagte zu 1) mit der Sängerin Sabrina Setlur in zwei Versionen eingespielt hat. Diese Musikstücke befinden sich auf zwei im Jahr 1997 erschienenen Tonträgern.

Die Kläger behaupteten, die Beklagten hätten eine etwa zwei Sekunden lange Rhythmussequenz aus dem Titel "Metall auf Metall" elektronisch kopiert ("gesampelt") und dem Titel "Nur mir" in fortlaufender Wiederholung unterlegt, obwohl es ihnen möglich gewesen wäre, die übernommene Rhythmussequenz selbst einzuspielen. Sie waren der Ansicht, die Beklagten hätten damit ihre Rechte als Tonträgerhersteller verletzt. Infolgedessen nahmen die Kläger die Beklagten auf Unterlassung, Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht, Auskunftserteilung und Herausgabe der Tonträger zum Zwecke der Vernichtung in Anspruch.

LG und OLG gaben der Klage statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Urteil auf und wies die Sache an das OLG zurück. Der BGH war der Ansicht, das OLG habe nicht geprüft, ob sich die Beklagten auf das Recht zur freien Benutzung nach § 24 Abs. 1 UrhG berufen könnten. Es ging davon aus, dass ein solches Recht dann nicht gegeben sei, wenn es möglich sei, die entnommene Tonfolge selbst herzustellen (Urt. v. 20.11.2008, Az.: I ZR 112/06).

Das OLG bestätigte das landgerichtliche Urteil auch im wiedereröffneten Berufungsverfahren. Die übernommene Sequenz hätten die Beklagten im Jahr 1997 mit Hilfe von fertigen Samples und durch Aufeinanderschlagen von metallischen Gegenständen selbst herstellen können. Die Revision der Beklagten blieb diesmal vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Die Beklagten haben in das Tonträgerherstellerrecht der Kläger gem. § 85 Abs. 1 UrhG eingegriffen, indem sie dem von den Klägern hergestellten Tonträger im Wege des sog. Sampling zwei Takte einer Rhythmussequenz des Titels "Metall auf Metall" entnommen und diese dem Stück "Nur mir" unterlegt hatten.

Die Beklagten konnten sich gerade nicht auf das Recht zur freien Benutzung gem. § 24 Abs. 1 UrhG berufen. Zwar kann in entsprechender Anwendung dieser Bestimmung auch die Benutzung fremder Tonträger ohne Zustimmung des Berechtigten erlaubt sein, wenn das neue Werk zu der aus dem benutzten Tonträger entlehnten Tönen oder Klängen einen so großen Abstand hält, dass es als selbständig anzusehen ist. Eine freie Benutzung ist nach BFH-Rechtsprechung allerdings ausgeschlossen, wenn es möglich ist, die auf dem Tonträger aufgezeichnete Tonfolge selbst einzuspielen. Denn in einem solchen Fall gibt es für einen Eingriff in die unternehmerische Leistung des Tonträgerherstellers keine Rechtfertigung.

Auch aus der von Art. 5 Abs. 3 GG geschützten Kunstfreiheit lässt sich kein Recht ableiten, die Tonaufnahme ohne Einwilligung des Tonträgerherstellers zu nutzen. Infolgedessen war das OLG zu Recht davon ausgegangen, dass zur Beurteilung der Frage, ob es möglich ist, eine Tonfolge selbst einzuspielen, darauf abzustellen ist, ob es einem durchschnittlich ausgestatteten und befähigten Musikproduzenten zum Zeitpunkt der Benutzung der fremden Tonaufnahme möglich ist, eine eigene Tonaufnahme herzustellen, die dem Original bei einer Verwendung im selben musikalischen Zusammenhang aus Sicht des angesprochenen Verkehrs gleichwertig ist. Die Annahme, dass die Beklagten nach diesen Maßstäben in der Lage gewesen wären, die aus "Metall auf Metall" entnommene Sequenz selbst einzuspielen, war frei von Rechtsfehlern.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 210 vom 13.12.2012
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