23.10.2014

EuGH-Vorlage zur Preiswerbung in Werbeanzeigen

Nach der bisherigen BGH-Rechtsprechung muss ein Kfz-Einzelhändler bei der Werbung für Kraftfahrzeuge (hier: Preis zzgl. Überführung) grundsätzlich auch die Kosten der Überführung der Fahrzeuge vom Hersteller zum Händler in den Endpreis aufnehmen. Nach dem 12.6.2013 steht diese Sichtweise nur dann mit dem Unionsrecht in Einklang, wenn sie entweder in der Richtlinie 98/6/EG oder in der Richtlinie 2005/29/EG eine entsprechende Grundlage hat. Insofern soll der EuGH nun entscheiden, welche Pflichtangaben nach der PAngV wann in einer Werbeanzeige enthalten sein müssen.

BGH 18.9.2014, I ZR 201/12
Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist eine Kfz-Vertriebsgesellschaft. Sie hatte im März 2011 in der Ausgabe der "Nürnberger Nachrichten" eine Werbeanzeige geschaltet, in der sie u.a. mit den Angaben "z.B. Citroen C4 VTI 120 Exclusive: 21.800 €" und "Maximaler Preisvorteil: 6.170 €" warb. Dabei war jeweils eine hochgestellte "1" eingebunden. Diese bezog sich auf eine Angabe im unteren Bereich der Anzeige: "Preis zzgl. Überführung i.H.v. 790 €". Der Gesamtpreis, den der Kunde danach einschließlich dieser obligatorisch anfallenden Kosten der Überführung des Wagens vom Hersteller zur Beklagten zu zahlen hatte, war in der Anzeige nicht angegeben.

Bei der Klägerin handelt es sich um die Zentralvereinigung des Kraftfahrzeuggewerbes zur Aufrechterhaltung lauteren Wettbewerbs e.V. (ZLW). Sie hatte die Beklagte gestützt auf §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 6 der Preisangabenverordnung (PAngV) auf Unterlassung in Anspruch genommen. LG und OLG gaben der Klage statt. Auf die Revision der Beklagten setzte der BGH das Verfahren aus und legte dem EuGH die Sache zur Vorabentscheidung vor. So hängt der Erfolg der Revision von der Auslegung der Art. 1 und 3 Abs. 1 S. 1 der Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse vom 16.2.1998 und des Art. 7 Abs. 4c Fall 1 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern vom 11.5.2005 ab.

Gründe:
Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats, die dieser fortführen möchte, muss ein Kfz-Einzelhändler bei der Werbung für Kraftfahrzeuge grundsätzlich auch die Kosten der Überführung der Fahrzeuge vom Hersteller zum Händler in den Endpreis aufnehmen, weil der Verkehr solche Nebenkosten nicht als zusätzliche Frachtkosten, sondern als Bestandteil des Endpreises auffasst. Die gesonderte Angabe der Überführungs-kosten ist nur dann zulässig, wenn der Händler dem Kunden die Wahl zwischen Selbstabholung und Überführung überlässt oder wenn die Höhe der Überführungskosten im Einzelfall unterschiedlich ist und ein umfassender Endpreis daher noch nicht angegeben werden kann. Im Streitfall lagen die Voraussetzungen für eine gesonderte Angabe der Überführungskosten nicht vor.

Nach dem 12.6.2013 steht diese Sichtweise nur dann mit dem Unionsrecht in Einklang, wenn sie entweder in der Richtlinie 98/6/EG oder in der Richtlinie 2005/29/EG eine entsprechende Grundlage hat. Da der im Streitfall in Rede stehende Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist, kommt es für die Frage, ob die Klage begründet ist, auch auf das Recht an, das im Zeitpunkt der Revisionsverhandlung gilt. Die Beurteilung der vorliegenden Sache hängt somit maßgeblich davon ab, inwieweit die Bestimmungen der Richtlinie 98/6/EG, soweit sie die Angabe des Verkaufspreises bei Erzeugnissen zum Gegenstand haben, die Händler Verbrauchern anbieten, Rechtsvorschriften sind, die i.S.v. Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG besondere Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken regeln und die deshalb nach dieser Vorschrift bei einer Kollision mit der diese Aspekte allgemein regelnden Bestimmung des Art. 7 Abs. 4c der Richtlinie 2005/29/EG den Vorrang haben. Hinweise auf die Reichweite des insoweit geltenden Spezialitätsprinzips ergeben sich etwa aus Erwägungsgrund 10 und Erwägungsgrund 14 S. 8 der Richtlinie 2005/29/EG.

Es kommt mithin darauf an, ob eine Werbung für ein Erzeugnis unter Angabe des dafür zu zahlenden Preises ein Anbieten i.S.d. Art. 1 der Richtlinie 98/6/EG darstellt. Falls diese Frage zu bejahen ist, stellt sich die weitere Frage, ob der bei einem Anbieten i.S.d. Art. 1 der Richtlinie 98/6/EG gem. Art. 1 und 3 Abs. 1 S. 1 anzugebende Verkaufspreis auch obligatorisch anfallende Kosten der Überführung eines Kraftfahrzeugs vom Hersteller zum Händler einschließen muss. Falls die erste oder die zweite Frage zu verneinen ist, stellt sich die Frage, der bei einer Aufforderung zum Kauf i.S.d. Art. 2i der Richtlinie 2005/29/EG gem. deren Art. 7 Abs. 4c Fall 1 anzugebende "Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben" bei einem Kraftfahrzeug auch obligatorisch anfallende Kosten der Überführung des Fahrzeugs vom Hersteller zum Händler einschließen muss.

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