28.07.2015

Für Beteiligung Dritter an einseitigen patentamtlichen Wiedereinsetzungsverfahren fehlt es an einer Rechtsgrundlage

Für die Beteiligung eines wegen Verletzung des Patents (hier: Verdickerpolymer) in Anspruch genommenen Dritten an einem einseitigen patentamtlichen Wiedereinsetzungsverfahren nach § 123 PatG fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Die Tatsache, dass das Patentgesetz keine ausdrückliche Regelung über die Beteiligung Dritter in solchen Fällen enthält, stellt auch keine planwidrige Regelungslücke dar.

BGH 7.7.2015, X ZB 4/14
Der Sachverhalt:
Die Rechtsbeschwerdegegnerin war Inhaberin eines in Englisch erteilten europäischen Patents, das eine wässrige, fließfähige Verdickungszusammensetzung für wässrige Systeme und ein Verfahren zur Verdickung dieser wässrigen Systeme betrifft. Das Streitpatent wurde im Einspruchsverfahren vor dem Europäischen Patentamt in geänderter Fassung aufrechterhalten. Der Hinweis auf die geänderte Fassung wurde im November 2009 veröffentlicht.

Im August 2010 stellte das Deutsche Patent- und Markenamt fest, dass die Wirkungen des europäischen Patents für Deutschland als von Anfang an nicht eingetreten gälten, weil die Patentinhaberin innerhalb der maßgeblichen Frist von drei Monaten nach Veröffentlichung der Einspruchsentscheidung weder die erforderliche deutsche Übersetzung der geänderten Fassung des Streitpatents eingereicht noch die Gebühr für die Veröffentlichung der Übersetzung entrichtet habe. Dies holte die Patentinhaberin im Dezember 2010 nach. Zugleich beantragte sie die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Im Januar 2011 beantragte die Antragstellerin beim Patentamt, an dem Wiedereinsetzungsverfahren der Patentinhaberin beteiligt zu werden und den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückzuweisen. Sie war der Ansicht, sie habe ein rechtliches Interesse an der Beteiligung, weil die Patentinhaberin sie gerichtlich wegen Verletzung des Streitpatents in Anspruch nehme. Das Patentamt wies den Antrag zurück und gewährte der Patentinhaberin die Wiedereinsetzung. Auch die Beschwerde der Antragstellerin blieb erfolglos. Nach Einlegung der Rechtsbeschwerde hat der Senat das Streitpatent mit Urteil vom 5.5.2015 (Az.: X ZR 60/13) für nichtig erklärt und die Verfahrensbeteiligten haben das Verfahren übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt. Der BGH hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens der Antragstellerin auferlegt.

Die Gründe:
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens waren nach § 109 Abs. 1 S. 1 PatG und dem Rechtsgedanken des § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO der Antragstellerin aufzuerlegen, da die Rechtsbeschwerde ohne die übereinstimmende Erledigungserklärung ohne Erfolg geblieben wäre und die Antragstellerin in diesem Fall nach § 109 Abs. 1 S. 2 PatG die Kosten zu tragen gehabt hätte.

Für die Beteiligung eines wegen Verletzung des Patents in Anspruch genommenen Dritten an einem einseitigen patentamtlichen Wiedereinsetzungsverfahren fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Das Patentgesetz sieht eine Beteiligung Dritter in Verfahren vor dem Patentamt lediglich beim Einspruchsverfahren vor. Ein wegen Patentverletzung verklagter Dritter kann gem. § 59 Abs. 2 S. 1 PatG nach Ablauf der Einspruchsfrist einem in Bezug auf das Klagepatent bereits anhängigen Einspruchsverfahren beitreten, weil er anders die Ungültigkeit des Klagepatents nicht geltend machen könnte, da die Erhebung einer Nichtigkeitsklage ausgeschlossen ist, solange ein Einspruchsverfahren anhängig ist (§ 81 Abs. 2 S. 1 PatG). Im Prüfungsverfahren ist dagegen eine Beteiligung Dritter am Verfahren ausdrücklich ausgeschlossen.

Die Tatsache, dass das Patentgesetz keine ausdrückliche Regelung über die Beteiligung Dritter an einem im Rahmen eines einseitigen Verfahrens vor dem Patentamt geführten Wiedereinsetzungsverfahren nach § 123 PatG enthält, stellt auch keine planwidrige Regelungslücke dar. Schon der restriktive Charakter der Regelungen spricht dafür, dass es sich dabei um abschließende Regelungen über die Beteiligung Dritter handelt, die nicht verallgemeinerungsfähig sind. Schließlich war eine Beteiligung auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Denn Art. 103 Abs. 1 GG verlangt lediglich, dass vor einer Entscheidung über einen Wiedereinsetzungsantrag die Gegenpartei anzuhören ist. Die Anhörung eines am Verfahren nicht Beteiligten ist dagegen durch Art. 103 Abs. 1 GG nicht geboten.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für den Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück