10.04.2015

Kein Anspruch auf Aktualitätsvorsprung

Journalisten können nicht allein wegen einer frühzeitigeren Antragstellung verlangen, bevorzugt vor der Konkurrenz informiert zu werden. Es entspricht den Grundsätzen der Effizienz und Effektivität des Verwaltungsverfahrens, wenn über Anträge, die gleichzeitig entscheidungsreif sind, gleichzeitig entschieden wird; das Risiko paralleler Recherche und des Verlustes der Exklusivität einer Recherche liegt in der Sphäre der Presse.

VG Berlin 12.3.2015, 27 K 183.12
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Reporter eines großen Boulevardblattes. Er wendet sich dagegen, dass das Bundeskanzleramt dem Journalisten einer anderen Zeitschrift zeitgleich mit ihm erbetene Archivauskünfte erteilt hat. Er macht geltend, dass er früher als dieser die Auskunft beantragt habe und daher vor seinem Konkurrenten hätte informiert werden müssen. Die parallele Information berühre seine Recherche und seine wirtschaftlichen Interessen.

Das Bundeskanzleramt verteidigte seine Praxis der Erteilung von Auskünften. Betreffe die Prüfung von Unterlagen mehrere Auskunftsbegehren zum selben Aktenbestand, gewähre es den verschiedenen Antragsstellern parallel und damit zeitgleich die Informationen, wenn und soweit die Anträge gleichzeitig bescheidungsreif seien.

Das VG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann beim OVG Berlin-Brandenburg ein Antrag auf Zulassung der Berufung eingelegt werden.

Die Gründe:
Das Vorgehen der Behörde in diesem Fall ist rechtmäßig.

Für den Staat besteht gegenüber den Trägern der Pressefreiheit eine Neutralitätspflicht. Wegen des Verbotes der Einflussnahme auf Inhalt und Gestaltung einzelner Presseerzeugnisse ist es staatlichen Stellen verboten, zwischen einzelnen Trägern der Pressefreiheit bei der Entscheidung über Zeitpunkt, Inhalt und Umfang zu erteilender Informationen zu differenzieren und damit gezielt einen Aktualitätsvorsprung zu gewähren.

Der Kläger, der seinen Antrag früher gestellt hatte als sein Konkurrent, hat tatsächlich zahlreiche Dokumente früher als dieser erhalten. Erst zu einem späteren Zeitpunkt sind Dokumente zeitgleich herausgegeben worden. Es entspricht den Grundsätzen der Effizienz und Effektivität des Verwaltungsverfahrens, wenn über Anträge, die gleichzeitig entscheidungsreif sind, gleichzeitig entschieden wird. Das Risiko paralleler Recherche und des Verlustes der Exklusivität einer Recherche liegt in der Sphäre der Presse.

VG Berlin PM Nr. 14 vom 9.4.2015
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