30.09.2014

Kein Einwendungsdurchgriff bei sog. "0%-Finanzierung"

Ein Verbraucher, der einen Kauf durch einen verbundenen, unentgeltlichen Darlehensvertrag (sog. "0%-Finanzierung") finanziert hat (März/Juni 2011), kann seine Gewährleistungsrechte, die ihm wegen der Mängel an der gekauften Sache gegen den Verkäufer zustehen, nicht dem Anspruch des finanzierenden Kreditinstituts auf Rückzahlung des Darlehens entgegenhalten. Der hierfür notwendige Einwendungsdurchgriff gem. §§ 358, 359 BGB a.F. setzt einen Verbraucherdarlehensvertrag, d.h. einen entgeltlichen Darlehensvertrag voraus.

BGH 30.9.2014, XI ZR 168/13
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte im März 2011 in einem Baumarkt zwei Türen zum Preis von rund 6.389 € einschließlich Montage erworben. Gleichzeitig unterschrieb er in dem Baumarkt, der seine Produkte mit einer "0%-Finanzierung" bewarb, auf einem dort bereitliegenden Formular der beklagten Bank einen Antrag auf Abschluss eines Darlehensvertrages, den die Beklagte im Juni 2011 annahm. Der Vertrag enthielt die Anweisung des Klägers an die Beklagte, den von ihm ratenweise zurückzuzahlenden Nettodarlehensbetrag, der - ebenso wie der Preis der Türen - 6.389 € betrug, an den Baumarkt auszuzahlen. Aufgrund einer Vereinbarung mit dem Baumarkt zahlte die Beklagte nur 5.973 € an diesen.

Nachdem die Türen eingebaut worden waren, stellte der Kläger Mängel fest. In einem selbständigen Beweisverfahren bezifferte der gerichtlich bestellte Sachverständige Mängelbeseitigungskosten von 5.415 € und eine Wertminderung von 550 €. Infolgedessen trat der Kläger gegenüber dem Baumarkt vom Vertrag zurück. Außerdem war er der Ansicht, er sei nach den §§ 358, 359 BGB a.F. zur Rückzahlung des Darlehens nicht verpflichtet.

LG und OLG wiesen die Klage auf Feststellung, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag keine Rechte mehr zustehen, ab. Das Berufungsgericht war der Ansicht, die Beklagte habe gegen den Kläger gem. § 488 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung des an den Baumarkt ausgezahlten Betrages von 5.973 €. Auf seinen Rücktritt vom Vertrag könne der Kläger sich gegenüber der Beklagten nicht berufen, da die Voraussetzungen eines Einwendungsdurchgriffs gem. §§ 358, 359 BGB a.F. nicht vorlägen. Auch die Revision des Klägers vor dem BGH blieb erfolglos.

Die Gründe:
Die Beklagte hat gegen den Kläger aufgrund des Darlehensvertrages vom März/Juni 2011 gem. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung des an den Baumarkt ausgezahlten Darlehens.

Der Kläger konnte sich gegenüber der Beklagten nicht auf seinen Rücktritt vom Vertrag mit dem Baumarkt berufen. Schließlich setzt ein Einwendungsdurchgriff gem. §§ 358, 359 BGB a.F. einen Verbraucherdarlehensvertrag, d.h. gem. § 491 Abs. 1 BGB einen entgeltlichen Darlehensvertrag voraus. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Vorschriften, die im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens bewusst an den in § 491 BGB verwandten Begriff des Verbraucherdarlehensvertrages angepasst wurden. Auch der Einwendungsdurchgriff gem. Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48/EG des EU-Parlaments und des Rates vom 23.4.2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates gilt gem. Art. 2 Abs. 2f der Richtlinie nicht für zins- und gebührenfreie Kreditverträge.

Der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag war kein entgeltlicher Darlehensvertrag, da die Beklagte für das dem Kläger eingeräumte Kapitalnutzungsrecht keine Gegenleistung erhielt. Schließlich waren weder Zinsen noch Gebühren vereinbart worden. Auch die Differenz zwischen dem Nettodarlehensbetrag von 6.389 € und dem von der Beklagten an den Baumarkt ausgezahlten Betrag von 5.973 € konnte nicht als Gegenleistung des Klägers angesehen werden.

Die Beklagte hatte den vertraglichen Anspruch des Klägers auf Auszahlung des vollen Nettodarlehensbetrages nicht i.H.d. Differenzbetrages erfüllt. Da der Kläger gem. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB nur die Rückzahlung des tatsächlich zur Verfügung gestellten Darlehens i.H.v. 5.973 € schuldet, erhält die Beklagte nur den an den Baumarkt ausgezahlten Betrag zurück. Sie erhält keinen darüber hinausgehenden Vermögensvorteil, der als Gegenleistung des Klägers für das ihm eingeräumte Kapitalnutzungsrecht angesehen werden könnte.

Linkhinweis:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
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BGH PM Nr. 136 vom 30.9.2014
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