13.11.2012

Kein höheres Entgelt für Pfändungsschutzkonten

Die im Preis- und Leistungsverzeichnis eines Kreditinstituts enthaltene Bestimmung über die Kontoführungsgebühr für ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) ist in der Regel unwirksam, wenn der Kunde danach - bei Umwandlung seines Girokontos in ein P-Konto - ein über der für dieses Konto vereinbarten Kontoführungsgebühr liegendes Entgelt zu zahlen hat. Gleiches gilt, wenn das Kreditinstitut - bei Neueinrichtung eines P-Kontos - ein Entgelt verlangt, das über der Kontoführungsgebühr für ein Neukunden üblicherweise angebotenes vergleichbares Standardkonto liegt.

BGH 13.11.2012, XI ZR 500/11 u.a.
Der Sachverhalt:
In beiden vorliegenden Verfahren machen die klagenden Verbraucherschutzvereinigungen gegenüber den Beklagten - zwei Sparkassen - im Wege der Unterlassungsklage die Unwirksamkeit der in den jeweiligen Preis- und Leistungsverzeichnissen der Beklagten enthaltenen Klauseln über die Kontoführungsgebühr für ein P-Konto geltend, weil den Kunden hierdurch für die Führung eines P-Kontos höhere Kontoführungsgebühren als für das schon bestehende bzw. für ein neu eingerichtetes Girokonto abverlangt würden.

Im Verfahren XI ZR 500/11 lautet die von der dortigen Beklagten verwendete Klausel wie folgt:

"Pfändungsschutzkonto
Grundpreis monatlich 10 €
Restliche Preise analog Giro-Ideal."

Die Beklagte bietet mehrere Preismodelle für Girokonten von Privatkunden an. So beträgt der Grundpreis für das in der vorgenannten Klausel in Bezug genommene Modell "Giro-Ideal" mtl. 3 €; für einzelne Geschäftsvorfälle werden zusätzliche Postenpreise erhoben. Bei dem Modell "Giro-Balance" wird der Kunde im Falle der Einhaltung eines Durchschnittsguthabens von 1.250 € vom mtl. Grundpreis freigestellt; bei Unterschreitung dieses Guthabens werden mtl. 10 € verlangt. Eine zusätzliche Vergütung fällt bei diesem Preismodell nur für den Ausfüllservice für Eil- und telefonische Überweisungen an. Letzteres gilt auch für das Preismodell "Giro-Live", dessen Grundpreis mtl. 3 € beträgt.

Im Verfahren XI ZR 145/12 hat die angegriffene Klausel folgenden Inhalt:

"1.4 Kontoführung Pfändungsschutzkonto
mtl. Pauschalpreis 7,50 €".

Zusätzlich werden für bestimmte Geschäftsvorfälle Postenpreise erhoben. Die Beklagte dieses Verfahrens bietet ebenfalls verschiedene Preismodelle für Privatkunden an. So beträgt der mtl. Pauschalpreis für das Kontomodell "Giro kompakt" 6,75 € und für das Kontomodell "Giro standard" 4 €, wobei ein Neuabschluss für diese - von Altkunden weiterhin genutzten - Kontomodelle nicht mehr möglich ist. Die Kontoführung für das aktuell angebotene Kontomodell "Giroflexx" beträgt im Standardtarif 7,50 € mtl.; unter bestimmten Voraussetzungen wird dem Kunden ein Treuebonus gewährt.

LG und OLG gaben den Unterlassungsklagen in beiden Verfahren statt. Die Revisionen der beklagten Sparkassen hatten vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Bei den beanstandeten Klauseln handelt es sich um sog. Preisnebenabreden, die der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegen. Gem. § 850k Abs. 7 ZPO wird das Girokonto als Pfändungsschutzkonto geführt, wenn das Kreditinstitut und der Kunde dies von vorneherein vereinbaren oder der Kunde dies später verlangt. Das P-Konto stellt keine besondere Kontoart gegenüber dem herkömmlichen Girokonto dar. Die mit der Funktion des P-Kontos verbundenen Tätigkeiten des Kreditinstituts sind Nebenleistungen, die zu den Hauptleistungen - der Führung des Girokontos und der Ausführung der Zahlungsvorgänge - hinzutreten. Die streitigen Klauseln enthalten auch keine kontrollfreie Abrede über das Entgelt für eine zusätzliche, rechtlich nicht geregelte Sonderleistung der Beklagten. Vielmehr wälzen die Beklagten hierdurch Kosten für Tätigkeiten, zu deren Erbringung sie gem. § 850k ZPO gesetzlich verpflichtet sind, auf ihre Kunden ab.

Die beanstandeten Entgeltregelungen können schließlich auch nicht deshalb als - kontrollfreie - Preishauptabrede eingeordnet werden, weil es im Falle ihrer Unwirksamkeit an einer solchen Preisvereinbarung gänzlich fehlte. Wird ein vorhandenes Girokonto in ein P-Konto umgewandelt, ist fortgeltende Preishauptabrede die Preisvereinbarung für das schon bestehende Girokonto. Wird ein Girokonto sogleich als P-Konto neu eröffnet, ist entweder das Entgelt des Preismodells zugrunde zu legen, auf das ggf. in der Klausel über das P-Konto Bezug genommen wird (etwa in der Sache XI ZR 500/11 das Modell "Giro-Ideal") oder aber - wenn eine solche Bezugnahme fehlt - der Preis, für den das betreffende Kreditinstitut ein herkömmliches Girokonto mit vergleichbarem Leistungsinhalt anbietet.

Der danach eröffneten Inhaltskontrolle halten die streitigen Klauseln, wie die Berufungsgerichte jeweils in Übereinstimmung mit der nahezu einhelligen instanzgerichtlichen Rechtsprechung und der überwiegenden Auffassung im Schrifttum zu Recht angenommen haben, gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand. Die beanstandeten Regelungen benachteiligen die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, weil die Beklagten mit der Führung eines Girokontos als P-Konto lediglich eine ihnen durch § 850k Abs. 7 ZPO auferlegte gesetzliche Pflicht erfüllen, wofür sie nach allgemeinen Grundsätzen kein gesondertes Entgelt - hier in Form höherer Kontoführungsgebühren - verlangen dürfen.

Das entspricht auch dem aus den Gesetzesmaterialien zum P-Konto ersichtlichen Willen des Gesetzgebers. Dass die Beklagten in beiden Streitfällen von Privatkunden für die Führung eines Girokontos als Pfändungsschutzkonto ein höheres Entgelt als für das bisher schon bestehende Girokonto bzw. als für ein neu eingerichtetes Girokonto (ohne Pfändungsschutzfunktion) verlangen, ergibt sich im Einzelnen aus einer Gegenüberstellung der jeweiligen Preise bzw. der preislichen Auswirkungen einer Kontoumstellung. Gründe, die die beanstandeten Klauseln nach Treu und Glauben gleichwohl als angemessen erscheinen lassen, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Linkhinweis:

  • Die Volltexte der Entscheidungen werden demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 191 vom 13.11.2012
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