06.02.2017

Keine Erschöpfung durch Herunterladen einer Testversion

Das Bereitstellen einer Testversion eines Computerprogramms soll die Kaufmotivation der Nutzer fördern und enthält keine Zustimmung zur Vervielfältigung der Programmkopie seitens des Nutzers. Das Herunterladen einer Testversion führt nicht zur Erschöpfung des Verbreitungsrechts der zugrundeliegenden Programmkopie.

OLG Frankfurt a.M. 22.12.2016, 11 U 108/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte die Beklagten wegen Verletzung von Urheber- und Markenrechten und ihres Unternehmenskennzeichens auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Feststellung der Schadenersatzpflicht und Herausgabe von Verletzungsgegenständen in Anspruch genommen. Das LG hat der Klage stattgegeben. Es war der Ansicht, die Klägerin könne von den Beklagten gem. §§ 97 Abs. 1, 69a, 69c UrhG verlangen, es zu unterlassen, Vervielfältigungsstücke der Computerprogramme der Klägerin herzustellen und Computer mit vorinstallierten Kopien in den Verkehr zu bringen.

Das OLG hielt die Berufung der Beklagten für unbegründet. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die genannten Betriebssysteme genügten den Anforderungen des § 69a Abs. 3 UrhG und stellten damit ein geschütztes Werk i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG dar. Die Beklagten haben die Programme der Klägerin vervielfältigt, indem sie die Programme auf den Computern vorinstalliert hatten. Hierzu hatte die Klägerin allerdings keine Zustimmung erteilt. Diese ergab sich vor allem nicht aus dem Vortrag der Beklagten, sie hätten für die Vorinstallation auf den verkauften Computern eine kostenlos von der Klägerin auf ihrer Internetseite zur Verfügung gestellte Testversion heruntergeladen. Die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten waren für diesen Vortrag, aus dem sie die Zustimmung der Klägerin für die Vervielfältigung ableiteten, beweisfällig geblieben.

Nach § 69a Abs. 4 UrhG ist auch für Computerprogramme § 31 Abs. 5 UrhG anzuwenden, so dass anzunehmen ist, dass der Rechtsinhaber im Zweifelsfall das Nutzungsrecht nur in dem nach dem Zweck der Einräumung erforderlichen Umfang einräumt. Die Klägerin stimmte jeweils dem Herunterladen einer Testversion zu, um den Nutzern eine zeitlich vorübergehende Nutzung zu ermöglichen und damit die Nutzer zu einem späteren entgeltlichen Erwerb der Programme zu motivieren. Die von den Beklagten getätigte Vervielfältigung war damit von der Zustimmung nicht gedeckt.

Die Computer mit vorinstallierten Programmen wurden nach dem von den Beklagten selbst vorgetragenen Geschäftsmodell den Kunden nebst eines Certificate of Authenticity (CoA) zur Verfügung gestellt, auf der sich der Product Key befand. Die Kunden der Beklagten sollten unter Verwendung des Product Key sodann das Vervielfältigungsstück nicht lediglich vorübergehend und testweise, sondern auf Dauer und uneingeschränkt nutzen. Dieser Nutzungsumfang widersprach allerdings dem Zweck, den die Klägerin mit der Einräumung des Rechts zur vorübergehenden Nutzung als Testversion verfolgte und war daher nicht durch die Zustimmung gedeckt.

Die Beklagten hätten sich nur dann auf eine Erschöpfung berufen können, wenn sie dargelegt und bewiesen hätten, dass der Ersterwerber im Zeitpunkt des Weiterverkaufs seine eigene Kopie unbrauchbar gemacht hatte. Denn die Erschöpfung des Verbreitungsrechts berechtigt den Ersterwerber nicht dazu, die von ihm erworbene Lizenz aufzuspalten und das Recht zur Nutzung des Programms für eine von ihm bestimmte Nutzerzahl weiterzuverkaufen und die auf seinem Server installierte Kopie weiter zu nutzen. Zwar hatten die Beklagten behauptet, die Computer seien "refurbished" gewesen, d.h. auf den Computern sei keine Software mehr vorhanden gewesen. Selbst wenn dies zuträfe, bedeutete dies aber nicht, dass die zuvor auf den Computern vorhanden gewesenen Programme unbrauchbar gemacht worden wären. Es ist nämlich ebenso möglich, dass diese Programme vom Veräußerer zurückbehalten, anderweitig verkörpert und/oder weiterveräußert wurden.

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