02.11.2011

Keine rechtsverletzende Benutzung i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG durch rein firmenmäßigen Gebrauch eines Zeichens

Der rein firmenmäßige Gebrauch eines Zeichens stellt keine rechtsverletzende Benutzung i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar. Ist dem Klagevorbringen zu entnehmen, dass der Kläger das auf ein Markenrecht gestützte Klagebegehren entgegen der Fassung des Klageantrags nicht auf einen rein firmenmäßigen Gebrauch des angegriffenen Zeichens beschränken, sondern sich auch gegen eine Verwendung des angegriffenen Zeichens für Waren oder Dienstleistungen wenden will, muss das Gericht nach § 139 Abs. 1 S.2 ZPO auf einen sachdienlichen Antrag hinwirken.

BGH 12.5.2011, I ZR 20/10
Der Sachverhalt:
Die Klägerin, die Wohngeschwister Lübke GmbH, ist Inhaberin der Wortmarke Nr. 30442512 "Schaumstoff Lübke" und der entsprechenden Wort-/Bildmarke Nr. 30442513. Die Marken sind mit Priorität vom 22.7.2004 eingetragen u.a. für Polsterfüllstoffe; Möbel, insbes. aus Schaumstoff; Webstoffe und Textilwaren, insbes. Möbelbezugsstoffe. Die im Jahr 2006 gegründete Beklagte, die Dieter Lübke Schaumdesign GmbH, vertreibt Möbel und Wohnaccessoires. Minderheitsgesellschafter der Beklagten ist Dieter Lübke, der Vater des Geschäftsführers der Klägerin.

Die Klägerin sieht in der Verwendung der Geschäftsbezeichnung der Beklagten eine Verletzung ihrer Rechte an den Marken Schaumstoff Lübke. Sie hat beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, sich im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung ihres Geschäftsbetriebs der Bezeichnung "Dieter Lübke Schaumdesign GmbH" zu bedienen. Die Klägerin hat die Beklagte ferner auf Auskunftserteilung in Anspruch genommen und die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sowie die Herausgabe markenverletzender Unterlagen und Gegenstände zur Vernichtung begehrt.

Das LG gab der Klage antragsgemäß statt. Dagegen legte die Beklagte Berufung ein. Nachdem die Parteien einen außergerichtlichen Vergleich geschlossen hatten, erklärten sie den Rechtsstreit in der Berufungsinstanz wegen der auf Auskunftserteilung, Feststellung der Schadensersatzverpflichtung und Herausgabe zur Vernichtung gerichteten Klageanträge in der Hauptsache für erledigt. Das OLG wies die Klage mit dem Unterlassungsantrag ab. Es erlegte der Klägerin 4/5 und der Beklagten 1/5 der Gerichtskosten des Berufungsrechtszugs auf und bestimmte, dass die Klägerin der Beklagten 4/5 ihrer außergerichtlichen Kosten der Berufungsinstanz zu erstatten hat und im Übrigen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten in der Berufungsinstanz selbst zu tragen haben.

Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil insoweit auf, als das OLG hinsichtlich des Unterlassungsantrags und 4/5 der Gerichtskosten und 4/5 der außergerichtlichen Kosten des Berufungsrechtszugs zum Nachteil der Klägerin erkannt hat, und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück. Die Anschlussrevision der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das OLG hat die Feststellungen, nach denen der Klägerin der Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG nicht zusteht, verfahrensfehlerhaft getroffen.

Nach dem Wortlaut des Unterlassungsantrags wendet sich die Klägerin gegen einen firmenmäßigen Gebrauch des angegriffenen Zeichens. Das OLG ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass ein rein firmenmäßiger Gebrauch eines Kennzeichens keine rechtsverletzende Benutzung i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber dagegen, dass das OLG die mündliche Verhandlung nicht gem. § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wiedereröffnet und die Klägerin dadurch daran gehindert hat, einen sachdienlichen Antrag zu stellen (§ 139 Abs. 1 S. 2 ZPO).

Das OLG hätte die in erster Instanz erfolgreiche Klägerin darauf hinweisen müssen, dass es die Verwendung der angegriffenen Bezeichnung für Waren der Beklagten als nicht vom Klageantrag umfasst ansah. Damit hat das OLG seine Hinweispflicht nach § 139 ZPO verletzt. Danach darf das Gericht seine Entscheidung nicht auf einen Gesichtspunkt stützen, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, wenn es nicht darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat. Zudem hat das Gericht dahin zu wirken, dass die Parteien sachdienliche Anträge stellen. Hinweise hat das Gericht so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen.

Das OLG hat in der mündlichen Verhandlung mit den Parteien zwar die Frage erörtert, ob die Klägerin aus ihren Rechten an den Marken ein Verbot einer ausschließlich firmenmäßigen Benutzung beanspruchen kann. Ob diese Verfahrensweise den formellen Anforderungen, die an einen Hinweis nach § 139 Abs. 1 ZPO zu stellen sind, genügt, konnte jedoch offenbleiben. Bedenken ergeben sich vorliegend daraus, dass ein Hinweis nicht aktenkundig, also insbes. nicht protokolliert worden ist. Aus dem Schriftsatz der Klägerin, mit dem sie die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragt hat, ergibt sich zwar, dass das OLG die Frage der Reichweite des Unterlassungsanspruchs in der mündlichen Verhandlung mit den Parteien erörtert hat. Die Erteilung des erforderlichen Hinweises kann indessen nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden (§ 139 Abs. 4 S. 2 ZPO).

Im Übrigen verfolgt das Gesetz mit dem Erfordernis, den Hinweis aktenkundig zu machen, nicht nur den Zweck, Streit darüber zu vermeiden, ob eine bestimmte Frage in der mündlichen Verhandlung erörtert worden ist; das Erfordernis der Dokumentation sorgt darüber hinaus auch dafür, dass der Hinweis in einer Form erteilt wird, die der Partei, an die er sich richtet, die Notwendigkeit einer prozessualen Reaktion - und sei es nur in der Form eines Antrags nach § 139 Abs. 5 ZPO - deutlich vor Augen führt.

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