09.09.2016

Profitorientierte Links auf Websites mit Urheberrechtsverletzungen sind verboten

Das Setzen eines Hyperlinks auf eine Website zu urheberrechtlich geschützten Werken, die ohne Erlaubnis des Urhebers auf einer anderen Website veröffentlicht wurden, stellt keine "öffentliche Wiedergabe" dar, wenn dies ohne Gewinnerzielungsabsicht und ohne Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung der Werke geschieht. Werden die Hyperlinks dagegen mit Gewinnerzielungsabsicht bereitgestellt, ist die Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung auf der anderen Website zu vermuten.

EuGH 8.9.2016, C-160/15
Der Sachverhalt:
GS Media betreibt die Website GeenStijl, die nach eigenen Angaben "Nachrichten, Skandalenthüllungen und journalistische Recherche mit lockeren Themen und angenehm verrücktem Unsinn" anbietet und zu den zehn meistbesuchten Nachrichten-Websites der Niederlande gehört. Im Jahr 2011 hatte GS Media einen Artikel und einen Hyperlink zu einer australischen Website veröffentlicht, auf der Fotos von Frau Dekker zugänglich waren. Diese waren auf der australischen Website ohne Genehmigung von Sanoma, der Verlegerin der Monatszeitschrift Playboy und Inhaberin der Urheberrechte an den Fotos, veröffentlicht worden.

Trotz entsprechender Aufforderungen von Sanoma weigerte sich GS Media, den Hyperlink zu entfernen. Als die Fotos auf Verlangen von Sanoma sodann auf der australischen Website entfernt wurden, wurde auf der Website GeenStijl ein neuer Artikel veröffentlicht, der wieder einen Hyperlink enthielt, und zwar zu einer anderen Website, auf der die Fotos ebenfalls zu sehen waren. Auch dort wurden die Fotos schließlich auf Verlangen von Sanoma entfernt. Die Internetnutzer, die das Forum von GeenStijl besuchten, setzten daraufhin neue Hyperlinks zu anderen Websites mit den Fotos.

Sanoma warf GS Media eine Urheberrechtsverletzung vor. In einem Kassationsverfahren hat der Oberste Gerichtshof der Niederlande (Hoge Raad) dem EuGH die Sache zur Vorabentscheidung vorgelegt. Das Ersuchen betraf die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft.

Die Gründe:
Die Mitgliedstaaten müssen nach der genannten Richtlinie sicherstellen, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die öffentliche Wiedergabe ihrer Werke zu erlauben oder zu verbieten. Gleichzeitig soll die Richtlinie einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Urheberrechtsinhaber einerseits und dem Schutz der Interessen und Grundrechte der Nutzer von Schutzgegenständen, insbesondere ihrer Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, sowie dem Gemeinwohl andererseits sichern.

Insofern ist an die EuGH-Rechtsprechung zu erinnern, nach der der Begriff "öffentliche Wiedergabe" eine individuelle Beurteilung erfordert, in deren Rahmen eine Reihe weiterer Kriterien zu berücksichtigen sind. Zu diesen Kriterien gehört erstens die Vorsätzlichkeit des Handelns, wonach der Nutzer eine Wiedergabe vornimmt, wenn er in voller Kenntnis der Folgen seines Verhaltens tätig wird, um seinen Kunden Zugang zu einem geschützten Werk zu verschaffen. Zweitens bedeutet "Öffentlichkeit" begrifflich eine unbestimmte Zahl potenzieller Leistungsempfänger und muss aus recht vielen Personen bestehen. Drittens ist erheblich, ob eine öffentliche Wiedergabe Erwerbszwecken dient.

Die bisherige EuGH-Rechtsprechung (Urt. v. 13.2.2014, Svensson u.a. - C-466/12 und Beschl. v. 21.10.2014, BestWater International - C-348/13, nicht veröffentlicht) betraf nur das Setzen von Hyperlinks zu Werken, die auf einer anderen Website mit Erlaubnis des Inhabers frei zugänglich waren. Aus dieser Rechtsprechung kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass das Setzen solcher Hyperlinks grundsätzlich nicht unter den Begriff "öffentliche Wiedergabe!" fällt, selbst wenn die fraglichen Werke auf einer anderen Website ohne Erlaubnis des Inhabers veröffentlicht wurden. Hinsichtlich des letzteren Falls ist zu beachten, dass das Internet für die Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit von besonderer Bedeutung ist und dass Hyperlinks zu seinem guten Funktionieren und dem Meinungs- und Informationsaustausch beitragen. Außerdem kann es sich für Einzelpersonen, die solche Links setzen wollen, tatsächlich als schwierig erweisen, zu überprüfen, ob es sich um geschützte Werke handelt, und gegebenenfalls, ob die Inhaber der Urheberrechte an diesen Werken deren Veröffentlichung im Internet erlaubt haben.

Zum Zweck der individuellen Beurteilung, ob eine "öffentliche Wiedergabe" vorliegt, muss daher, wenn das Setzen eines Hyperlinks zu einem auf einer anderen Website frei zugänglichen Werk von jemandem vorgenommen wird, der dabei keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt, berücksichtigt werden, dass der Betreffende nicht weiß und vernünftigerweise nicht wissen kann, dass dieses Werk im Internet ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers veröffentlicht wurde. Der Betreffende handelt nämlich im Allgemeinen nicht in voller Kenntnis der Folgen seines Tuns, um Kunden Zugang zu einem rechtswidrig im Internet veröffentlichten Werk zu verschaffen.

Ist dagegen klar, dass der Betreffende wusste oder hätte wissen müssen, dass der von ihm gesetzte Hyperlink Zugang zu einem unbefugt im Internet veröffentlichten Werk verschafft, so stellt die Bereitstellung dieses Links eine "öffentliche Wiedergabe" dar. Ebenso verhält es sich, wenn es der Link den Nutzern ermöglicht, beschränkende Maßnahmen zu umgehen, die auf der das geschützte Werk enthaltenden Website getroffen wurden, um den Zugang der Öffentlichkeit allein auf ihre Abonnenten zu beschränken. Werden Hyperlinks mit Gewinnerzielungsabsicht gesetzt, kann von demjenigen, der sie gesetzt hat, erwartet werden, dass er die erforderlichen Nachprüfungen vornimmt, um sich zu vergewissern, dass das betroffene Werk nicht unbefugt veröffentlicht wurde. Deshalb ist zu vermuten, dass ein Setzen von Hyperlinks, das mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgt, in voller Kenntnis der Geschütztheit des Werks und der etwaig fehlenden Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers zu seiner Veröffentlichung im Internet vorgenommen wurde.

Im vorliegenden Fall stand fest, dass GS Media die Hyperlinks zu den Dateien mit den Fotos zu Erwerbszwecken bereitgestellt hat und dass Sanoma die Veröffentlichung dieser Fotos im Internet nicht erlaubt hatte. Darüber hinaus schien sich der Fall so zu verhalten, dass sich GS Media der Rechtswidrigkeit dieser Veröffentlichung bewusst war und deshalb die Vermutung, dass das Setzen der Links in voller Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung erfolgte, nicht widerlegen könnte. GS Media hat daher - vorbehaltlich der vom Hoge Raad vorzunehmenden Überprüfung - mit dem Setzen dieser Links eine "öffentliche Wiedergabe" vorgenommen.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten englischen Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM v. 8.9.2016
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