09.12.2014

RSS-Feed-Abonnenten: Zur Reichweite eines vertraglich vereinbarten Unterlassungsgebotes

Der Herausgeber von RSS-Feeds ist nicht verpflichtet auf Abonnenten, die ein vor Abschluss eines Unterlassungsvertrages des Herausgebers bezogenes Bild weiter veröffentlichen, einzuwirken. Dadurch wird allerdings ein Erstattungsanspruch gem. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten nicht ausgeschlossen.

BGH 11.11.2014, VI ZR 18/14
Der Sachverhalt:
Die Beklagte betreibt den Internetauftritt www.bild.de. Sie veröffentlichte dort im Oktober 2009 unter dem Titel "Hier radelt die Ex-RAF-Terroristin in den Freigang" ein Foto von Frau H., das heimlich aufgenommen worden war. Das Bild und die Nachricht konnten von den RSS-Feed-Abonnenten der Beklagten bezogen werden. Die von Frau H. beauftragten und aus abgetretenem Recht klagenden Rechtsanwälte nahmen daraufhin im Namen von Frau H. die Beklagte auf Unterlassung der Verbreitung des Bildes in Anspruch. Dem kam die Beklagte nach. Sie löschte das Bild aus ihrem Internetauftritt, versah es mit einem Sperrvermerk und verbreitete diesen Sperrvermerk an die Adressaten ihres "großen Verteilers". Außerdem stellte sie den Antrag auf Löschung im Google-Cache.

Die in Luxemburg ansässige Betreiberin eines deutschsprachigen Informationsportals - die W.S.A. - hatte als Abonnentin des RSS-Feeds vor der Sperrung von der Beklagten den Informationsblock mit dem Bild bereits bezogen, so dass das Bild mit der Überschrift auf ihrer Website noch zu sehen war. Im Auftrag von Frau H. nahmen die Kläger auch die W.S.A. auf Unterlassung in Anspruch. Diese entfernte das Bild, die Überschrift und den Begleittext von ihrer Website, verweigerte aber die Zahlung der durch die Inanspruchnahme der klagenden Rechtsanwälte entstanden Kosten.

Daraufhin begehrten die Kläger von der Beklagten den Ersatz der Kosten ihrer Tätigkeit gegenüber dem Informationsportal W.S.A., die Kosten für das Aufforderungsschreiben an die Beklagte hinsichtlich dieser Ersatzforderung sowie die Zahlung einer Vertragsstrafe wegen Verletzung der strafbewehrten Unterlassungserklärung. AG und LG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Kläger hob der BGH das Berufungsurteil insoweit auf, als die Berufung der Kläger gegen die Abweisung ihres Anspruchs auf Ersatz von Rechtsanwaltskosten zurückgewiesen worden war und wies die Sache im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.

Gründe:
Die Kläger konnten von der Beklagten nicht die Zahlung der versprochenen Vertragsstrafe verlangen. Die Beklagte hatte sich verpflichtet, es "zukünftig zu unterlassen, das Bildnis von Frau H. erneut zu verbreiten". Die Wahl des Wortes "erneut" brachte somit für den Empfänger der Erklärung, Frau H., zum Ausdruck, dass die Beklagte das Bild nach dessen Löschung aus ihrem Internetauftritt und nach der Beendigung der Abrufbarkeit als RSS-Feed nicht wieder in dieser Form zugänglich machen wird. Dass die Beklagte auch die Verpflichtung übernommen hat, auf die RSS-Feed-Abonnenten, die das Bild vor dieser Löschungs- und Sperraktion abgerufen hatten, einzuwirken, um sie von einer weiteren Veröffentlichung oder Verbreitung abzuhalten, ließ sich hingegen dem Wortlaut nicht entnehmen.

Ansprüche aus der strafbewehrten Unterlassungserklärung auf Zahlung der Vertragsstrafe konnte der Gläubiger aber grundsätzlich allein für ab dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses begangene Verstöße geltend machen. Dass die Vertragsparteien im vorliegenden Fall die rückwirkende Verpflichtung zur Zahlung der Vertragsstrafe für vor diesem Zeitpunkt liegende Verstöße gewollt hatten, fand im Wortlaut der Vereinbarung keine Stütze. Auch Sinn und Zweck der durch ein Vertragsstrafeversprechen gesicherten Unterlassungsverpflichtung bestimmten keine weitergehende Auslegung. Denn eine Einwirkung auf die RSS-Feed-Abonnentin war hier nicht erforderlich, um das hauptsächliche Ziel einer strafbewehrten Unterwerfung, die Beseitigung der Wiederholungsgefahr, sicherzustellen.

Allerdings könnten die Kläger gem. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG einen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.425 € haben. Denn Bildnisse von Personen können grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 S. 1 KUG). Hiervon besteht zwar gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für die Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden. Hierzu hatte das LG allerdings keine Feststellungen getroffen. Die - hier unterstellte - Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Form des Rechts am eigenen Bild wäre der Beklagten zuzurechnen, auch wenn sie erst durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbildes durch Dritte- wie hier durch eine Veröffentlichung seitens des RSS-Feed-Abonnenten im Internet - entstanden wäre.

Linkhinweis:

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