24.01.2013

Schadensersatz für Ausfall eines Internetanschlusses

Die Nutzbarkeit des Internets ist ein Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit bereits seit längerer Zeit auch im privaten Bereich für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist. Der Kunde eines Telekommunikationsunternehmens kann daher für den mehrwöchigen Ausfall seines DSL-Anschlusses Schadensersatz verlangen.

BGH 24.1.2013, III ZR 98/12
Der Sachverhalt:
Infolge eines Fehlers des beklagten Telekommunikationsunternehmens bei einer Tarifumstellung konnte der Kläger seinen DSL-Internetanschluss in der Zeit vom 15.12.2008 bis zum 16.2.2009 nicht nutzen. Über diesen Anschluss wickelte er auch seinen Telefon- und Telefaxverkehr ab (Voice und Fax over IP, VoIP).

Der Kläger begehrt mit seiner Klage Mehrkosten, die infolge des Wechsels zu einem anderen Anbieter und für die Nutzung eines Mobiltelefons anfielen. Darüber hinaus verlangt er Schadensersatz für den Fortfall der Möglichkeit, seinen DSL-Anschluss während des genannten Zeitraums für die Festnetztelefonie sowie für den Telefax- und Internetverkehr zu nutzen, i.H.v. 50 € täglich.

AG und LG gaben der Klage teilweise statt und erkannten dem Kläger 457,50 € für das höhere, bei dem anderen Anbieter anfallende Entgelt sowie für die Kosten der Mobilfunknutzung zu. Die Revision des Klägers hatte vor dem BGH teilweise - insbes. im Hinblick auf den Schadensersatzanspruch für die entgangenen Nutzungsmöglichkeiten seines DSL-Anschlusses - Erfolg. Der BGH verwies die Sache insoweit zur näheren Sachaufklärung an das LG zurück.

Die Gründe:
Der Ersatz für den Ausfall der Nutzungsmöglichkeit eines Wirtschaftsguts muss grundsätzlich Fällen vorbehalten bleiben, in denen sich die Funktionsstörung typischerweise als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt. Demzufolge war ein Schadensersatzanspruch wegen des Ausfalls des Telefaxes zu verneinen. Dieses ermöglicht es lediglich, Texte oder Abbildungen bequemer und schneller als auf dem herkömmlichen Postweg zu versenden. Darüber hinaus wird es zunehmend durch die E-Mail als Kommunikationsmittel ersetzt. Auch ein Schadensersatzanspruch für den Ausfall des Festnetztelefons war abzulehnen, da dem Kläger in Form seines Mobiltelefons gleichwertiger Ersatz zur Verfügung stand und er die dafür angefallenen zusätzlichen Kosten ersetzt verlangen konnte.

Demgegenüber war dem Kläger dem Grunde nach Schadensersatz zuzuerkennen für den Fortfall der Möglichkeit, seinen Internetzugang für weitere Zwecke als für den Telefon- und Telefaxverkehr zu nutzen. Die Nutzbarkeit des Internets ist ein Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit seit Langem auch im privaten Bereich für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist. Das Internet stellt weltweit umfassende Informationen in Form von Text-, Bild-, Video- und Audiodateien zur Verfügung. Dabei werden thematisch nahezu alle Bereiche abgedeckt und verschiedenste qualitative Ansprüche befriedigt. So sind etwa Dateien mit leichter Unterhaltung ebenso abrufbar wie Informationen zu Alltagsfragen bis hin zu hochwissenschaftlichen Themen.

Dabei ersetzt das Internet wegen der leichten Verfügbarkeit der Informationen immer mehr andere Medien, wie zum Beispiel Lexika, Zeitschriften oder Fernsehen. Darüber hinaus ermöglicht es den weltweiten Austausch zwischen seinen Nutzern, etwa über E-Mails, Foren, Blogs und soziale Netzwerke. Zudem wird es zunehmend zur Anbahnung und zum Abschluss von Verträgen, zur Abwicklung von Rechtsgeschäften und zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten genutzt. Der überwiegende Teil der Einwohner Deutschlands bedient sich täglich des Internets. Damit hat es sich zu einem die Lebensgestaltung entscheidend mitprägenden Medium entwickelt, dessen Ausfall sich signifikant im Alltag bemerkbar macht.

Im Hinblick auf die Höhe des Schadensersatzes ist festzustellen, dass der Kläger in Übertragung der insoweit von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auf die vorliegende Fallgestaltung einen Betrag verlangen kann, der sich nach den marktüblichen, durchschnittlichen Kosten richtet, die in dem betreffenden Zeitraum für die Bereitstellung eines DSL-Anschlusses mit der vereinbarten Kapazität ohne Telefon- und Faxnutzung angefallen wären, bereinigt um die auf Gewinnerzielung gerichteten und sonstigen, eine erwerbwirtschaftliche Nutzung betreffenden Wertfaktoren. Zur näheren Sachaufklärung hierzu war die Sache an das LG zurückzuverweisen.

Linkhinweis:

  • Die Volltexte der Entscheidungen werden demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 14 vom 24.1.2013
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