18.11.2013

Standardmäßige Vereinbarung eines im Darlehensvertrag vorgesehenen Bearbeitungsentgelts nach § 307 BGB unwirksam

Vereinbart ein Kreditinstitut mit seinen Kunden (Verbrauchern) standardmäßig im Darlehensvertrag ein Bearbeitungsentgelt, ist diese Klausel nach § 307 BGB auch dann unwirksam, wenn das Entgelt als ausgerechneter Betrag ausgewiesen ist. Der auf Rückzahlung des Bearbeitungsentgelts gerichtete Bereicherungsanspruch ist nicht vor Veröffentlichung der geänderten obergerichtlichen Rechtsprechung 2011 verjährt.

LG Stuttgart 23.10.2013, 13 S 65/13
Der Sachverhalt:
Der Kläger begehrt von der beklagten Bank die Rückzahlung von 510 € nebst Verzugszinsen. Der von dem Kläger bezahlte Betrag ist Bestandteil eines Darlehensvertrages aus dem Jahr 2008, in welchem er als "Bearbeitungsentgelt" bezeichnet ist. Der Kläger vertritt die Ansicht, dass es sich bei dem Bearbeitungsentgelt um eine Preisnebenabsprache und damit um eine ihn benachteiligende, unzulässige AGB handele.

Die Beklagte geht demgegenüber von einer nicht gerichtlich überprüfbaren Hauptpreisabsprache aus und steht zudem auf dem Standpunkt, dass der Kläger für das Bearbeitungsentgelt eine gleichwertige Gegenleistung erhalten habe, weswegen die Vereinbarung auch der Inhaltskontrolle einer AGB standhalten würde. Die Beklagte erhebt zudem die Einrede der Verjährung.

Das AG gab der Klage statt. Die Berufung des Beklagten hatte vor dem LG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache und zur Fortbildung des Rechts zugelassen.

Die Gründe:
Das AG hat zu Recht festgestellt, dass dem Kläger der geltend gemachte Bereicherungsanspruch aus § 812 BGB zusteht.

Der Kläger hat das sog. Bearbeitungsentgelt ohne Rechtsgrund an die Beklagte geleistet. Der Darlehensvertrag ist bzgl. des Bearbeitungsentgelts gem. § 307 BGB unwirksam. Die Parteien haben einen Verbraucherkreditvertrag abgeschlossen, die Vereinbarung des Bearbeitungsentgelts ist eine AGB i.S.d. § 305 BGB, weil es sich um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Bedingung handelt, welche die Beklagte dem Kläger vorgegeben hat. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass das Bearbeitungsentgelt vorliegend nicht prozentual in den Vertragsbedingungen, in einem Preisverzeichnis oder einem Aushang vorgesehen ist, sondern i.H.v. 510 € im Darlehensvertrag als Betrag ausgerechnet enthalten ist.

Das von der Beklagten vorgegebene Bearbeitungsentgelt ist eine sog. Preisnebenabsprache, die der Inhaltskontrolle des § 307 Abs.1 S.1, Abs.2 Nr.1 BGB nicht Stand hält. Ob eine Klausel eine kontrollfreie Preisabrede oder aber eine kontrollfähige Preisnebenabrede enthält, ist im Einzelfall im Wege der Auslegung zu ermitteln. Die Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) ergibt, dass es sich bei dem hier streitgegenständlichen Bearbeitungsentgelt um eine kontrollfähige Preisnebenabrede handelt. Das von der Beklagten verlangte Bearbeitungsentgelt hat keinen zinsähnlichen Charakter, sondern bepreist Leistungen, die von ihr als Kreditinstitut ohnehin zu erbringen sind.

Im Übrigen könnte die Klausel selbst dann, wenn man davon ausginge, durch das Bearbeitungsentgelt werde die Kapitalnutzung anteilig mitvergütet, nicht als kontrollfreie Preisabrede eingeordnet werden. Lässt eine Klausel mehrere Auslegungsmöglichkeiten zu, ist nach Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB für die Auslegung davon auszugehen, dass die Bearbeitungsgebühr der Abgeltung eines einmaligen Verwaltungsaufwandes diente und keine Entgeltfunktion aufweist. Bei der Bearbeitungsgebühr handelt es sich auch nicht um ein Entgelt für eine neben die Kapitalbelassung tretende, rechtlich selbstständige Leistung. Denn die Zurverfügungstellung der Darlehenssumme dient der Erfüllung der gesetzlichen Hauptleistungspflicht aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB und ist damit nicht gesondert vergütungsfähig.

Der Anspruch des Klägers ist auch nicht gem. §§ 195, 199 BGB verjährt. Zu Recht gehen die Parteien von einer dreijährigen Verjährungsfrist ab Ende des Jahres aus, in welchem der Anspruch entstanden ist und zusätzlich die Voraussetzungen des § 195 Abs.1 Nr.2 BGB vorlagen. Richtigerweise ist das AG, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, davon ausgegangen, dass die Verjährungsfrist nicht vor 2011 zu laufen begann und die 2012 erhobene Klage die Verjährung gem. § 204 Abs.1 Nr.1 BGB hemmte.

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