04.04.2017

Stromnetzvergabe an Elektrizitätswerk Mittelbaden AG & Co. KG in der nördlichen Ortenau gestoppt

Das OLG Karlsruhe hat die von der Süwag Energie AG im Eilverfahren beantragten einstweiligen Verfügungen erlassen. Den beklagten Städte Achern, Renchen und Rheinau sowie den Gemeinden Sasbach und Sasbachwalden wurde damit verboten, den beabsichtigten Stromkonzessionsvertrag mit der Elektrizitätswerk Mittelbaden AG & Co. KG, an der die Kommunen selbst beteiligt sind, abzuschließen.

OLG Karlsruhe 3.4.2017, 6 U 151/16 Kart u.a.
Der Sachverhalt:
Zwischen der Süwag Energie AG und den beklagten Städten und Gemeinden bestanden bis 2012 jeweils Konzessionsverträge, mit denen die Kommunen ihre öffentlichen Wege für die Verlegung und den Betrieb von Stromleitungen zur Verfügung stellten.

Bereits hinsichtlich eines ersten Konzessionierungsverfahrens hatte das OLG mit Urteil vom 26.3.2014 ausgesprochen, dass die Elektrizitätswerk Mittelbaden AG & Co. KG keinen Anspruch auf Übereignung und Übergabe hatte. Ein zweites Konzessionierungsverfahren führte dazu, dass die Kommunen jeweils im Mai/Juni 2016 erneut beschlossen, einen Stromkonzessionsvertrag mit der Streithelferin zu schließen, weil deren Angebot besser bewertet werden müsse als das der Klägerin. Hiergegen beantragte die Klägerin den Erlass einstweiliger Verfügungen.

Das LG wies diese Anträge ab. Auf die Berufungen der Klägerin hob das OLG die Urteile des LG auf und erließ die beantragten einstweiligen Verfügungen. Die Urteile sind rechtskräftig.

Die Gründe:
Den beklagten Städten und Gemeinden ist es nun jeweils verboten, aufgrund der Ratsbeschlüsse einen Stromkonzessionsvertrag mit der Streithelferin abzuschließen, bis in einem neuen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des OLG durchzuführenden Auswahlverfahren diskriminierungsfrei über die Vergabe entschieden ist.

Die Anforderungen aus § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB und § 46 Abs. 1 EnWG sind nicht eingehalten worden. Die von den Kommunen angewandte relative Bewertungsmethode ist zwar grundsätzlich zulässig, jedenfalls in Fällen, in denen wir hier die Gemeinde selbst auf der Anbieterseite auftritt, muss aber in der Ausschreibung angegeben werden, nach welcher Methode der Abstand zwischen bestem Anbieter und nächstbestem Bewerber bewertet wird.

Dies ist erforderlich, um ein ungebundenes, freies Ermessen der Beklagten auszuschließen und der Gefahr von willkürlichen Bewertungen und Manipulationen zu begegnen. Diese Voraussetzungen wurden bei verschiedenen Kriterien (z.B. "Bisherige Ausfallzeiten" u.a.) nicht eingehalten. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass bei verschiedenen Kriterien (etwa "Absolute Höhe der Netzentgelte" u.a.) das Angebot der Klägerin von den Beklagten jeweils fehlerhaft bewertet worden ist.

Die Beklagten können gem. §§ 926 Abs. 1, 936 ZPO erreichen, dass die Klägerin verpflichtet wird, binnen vom Gericht zu bestimmender Frist Hauptsacheklage zu erheben. In diesem Verfahren würde dann geklärt werden, ob es bei dem vorliegend ausgesprochenen Verbot des Abschlusses der Stromkonzessionsverträge auf Grundlage des jetzigen Konzessionierungsverfahrens bleibt.

OLG Karlsruhe PM vom 3.4.2017
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