24.07.2014

"Testen Sie Ihr Fachwissen" - Preisausschreiben für Apothekenpersonal ist nicht zwangsläufig unzulässig

Das grundsätzliche Verbot der Wertreklame gem. § 7 Abs. 1 S. 1 HWG soll Verkaufsförderungspraktiken verhindern, die geeignet sind, bei den Angehörigen der Gesundheitsberufe ein wirtschaftliches Interesse an der Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln zu wecken. Damit nicht vergleichbar ist eine mögliche Beeinflussung der Werbeadressaten, die sich daraus ergibt, dass sie sich mit den Angaben in einer Werbebeilage näher befassen müssen, wenn sie mit Aussicht auf Gewinn an einem vom Werbenden durchgeführten Gewinnspiel teilnehmen wollen.

BGH 12.12.2013, I ZR 83/12
Der Sachverhalt:
Die Beklagte hatte mit einer an das Apothekenpersonal gerichteten sechsseitigen Beilage zur Ausgabe 19/2010 der Apothekenfachzeitschrift "PTAheute" für das von ihr vertriebene Arzneimittel Aspirin geworben. Die Beilage enthielt Informationen über die Entstehung von Schmerzen, deren Behandlung und den in Aspirin enthaltenen Wirkstoff Acetylsalicylsäure. Auf der Rückseite der Beilage wurden unter der Überschrift "Gewinnen Sie mit Aspirin®" acht Testfragen gestellt und als Belohnung für die richtige Beantwortung dieser Fragen die Verlosung von zehn Damen-Geldbörsen der Marke Esprit unter den Einsendern angekündigt.

Der Kläger, der Verband Sozialer Wettbewerb e.V., sah in dieser Gewinnauslobung einen Verstoß gegen das heilmittelwerberechtliche Verbot von Werbegaben und forderte von der Beklagten, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für Arzneimittel mit der Ankündigung eines Gewinnspiels und dem Versprechen zu werben.

LG und OLG gaben der Unterlassungsklage statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH die Entscheidungen auf und wies die Klage ab.

Gründe:
Die Ansprüche des Klägers aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 7 Abs. 1 HWG waren nicht begründet.

Zwar hatte das OLG mit Recht angenommen, dass sich aus der Regelung des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 13 HWG, wonach außerhalb der Fachkreise i.S.d. § 2 HWG für Arzneimittel nicht mit Preisausschreiben, Verlosungen oder anderen Verfahren geworben werden darf, deren Ergebnis vom Zufall abhängt, sofern diese Maßnahmen oder Verfahren einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub leisten, nicht im Umkehrschluss ergibt, dass innerhalb der Fachkreise mit Gewinnspielen geworben werden darf. Die auf §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 7 Abs. 1 HWG u. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG gestützte Klage hat aber deshalb keinen Erfolg, weil die Gewinne, die die Beklagte bei dem von ihr veranstalteten Gewinnspiel ankündigt, keine Werbegaben i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 HWG darstellten.

Zu Unrecht hatte das OLG angenommen, bereits die Teilnahme an dem in Rede stehenden Gewinnspiel habe die Teilnehmer unsachlich beeinflussen können, weil diese in der Meinung, die Vor- und Nachteile des Mittels Aspirin nunmehr genau zu kennen, es ihren Kunden auch in Fällen empfehlen würden, in denen die Konsultation eines Arztes angezeigt sei, um gesundheitliche Nachteile zu vermeiden. Das auf der Grundlage des Art. 94 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG in § 7 Abs. 1 S. 1 HWG geregelte grundsätzliche Verbot der Wertreklame soll (nur) solche Verkaufsförderungspraktiken verhindern, die geeignet sind, bei den Angehörigen der Gesundheitsberufe ein wirtschaftliches Interesse an der Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln zu wecken. Hier war jedoch weder festgestellt noch sonst ersichtlich, dass die beanstandete Werbung deren Adressaten veranlassen könnte, ihr Verhalten bei der Beratung der Kunden gerade im Blick auf die Gewinnchance, die sie durch die Teilnahme an dem Gewinnspiel der Beklagten erlangten, zu deren Gunsten unsachlich zu ändern.

Nicht ausreichend war demgegenüber die vom OLG als maßgeblich angesehene mögliche Beeinflussung der Werbeadressaten, die sich daraus ergab, dass diese sich mit den Angaben in der Werbebeilage näher befassen mussten, wenn sie mit Aussicht auf Gewinn an der Verlosung der Geldbörsen teilnehmen wollten. Diese Einflussnahme bewirkte nur, dass die Werbeadressaten den Inhalt der Werbebeilage zur Kenntnis nahmen. Dadurch wurde aber kein wirtschaftliches Interesse an der Abgabe des beworbenen Arzneimittels geweckt. Die Bestimmung des § 7 Abs. 1 S. 2 HWG, wonach Werbegaben an Angehörige der Heilberufe unbeschadet des § 7 Abs. 1 S. 1 HWG nur zulässig sind, wenn sie zur Verwendung in der ärztlichen, tierärztlichen oder pharmazeutischen Praxis bestimmt sind, knüpft an die Regelung im vorangehenden S. 1 an. Sie setzt deshalb nicht anders als diese Regelung das Vorliegen einer Werbegabe voraus und war damit hier, da es an einer solchen Werbegabe fehlte, nicht anwendbar.

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