16.07.2012

Verbrauchsgüterkauf: keine Rügepflicht bei offensichtlichen Mängeln

Eine Klausel in AGB, die bei einem Verbrauchsgüterkauf (hier: über Online-Shops im Internet) eine Rügepflicht bei offensichtlichen Mängeln postuliert, ist unzulässig. Eine solche Rügepflicht zu Lasten des Verbrauchers weicht vom geltenden Recht ab, und die Mängelrechte werden damit zumindest faktisch zum Nachteil des Verbrauchers eingeschränkt.

OLG Hamm 24.5.2012, I-4 U 48/12
Der Sachverhalt:
Die Parteien sind Versandhändler und vertreiben über Online-Shops im Internet Spielgeräte, insbes. für den Garten. Die Antragsgegnerin verwendete in ihren AGB für den Abschluss von Verträgen im Fernabsatz eine Klausel, wonach der Verbraucher dem Anbieter offensichtliche Mängel spätestens innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Übergabe des Kaufgegenstandes schriftlich anzuzeigen hatte. Wegen der Verwendung dieser Klausel wurde sie von der Antragstellerin im Wege der Einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Das LG gab dem Antrag teilweise statt, wies ihn aber im Hinblick auf die genannte Klausel ab. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Antragstellerin änderte das OLG das Urteil ab und gab dem Antrag auch hinsichtlich der Klausel statt.

Die Gründe:
Die Verwendung der beanstandeten Klausel verstößt gegen § 475 Abs. 2 BGB. Da die Verwendung unwirksamer AGB zugleich einen Wettbewerbsverstoß darstellt, war die beantragte einstweilige Verfügung zu erlassen.

Zwar ist eine Klausel im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 309 Nr. 8 b) ee) BGB nur dann unwirksam, wenn der Verwender dem Vertragspartner wegen nicht offensichtlicher Mängel eine Ausschlussfrist setzt. Das bedeutet aber nicht, dass auch beim Verbrauchsgüterkauf eine Rügepflicht bei offensichtlichen Mängeln zulässig ist. Eine solche Rügepflicht zu Lasten des Verbrauchers weicht vom geltenden Recht ab, und die Mängelrechte werden damit zumindest faktisch zum Nachteil des Verbrauchers eingeschränkt.

Auch wenn aus einer Versäumung der Rügepflicht für offensichtliche Mängel mangels entsprechender Regelung nicht zwingend folgen mag, dass sich der Verbraucher nicht mehr auf das Bestehen von Gewährleistungsansprüchen wegen offensichtlicher Mängel berufen könnte, werden seine Verbraucherrechte jedenfalls mittelbar betroffen. Der Verwender spekuliert erkennbar darauf, dass der Käufer die Rügeobliegenheit möglicherweise nicht kennt und deshalb verspätet rügt.

Es wird zwar ausdrücklich keine dem § 377 HGB vergleichbare Sanktion dahin vereinbart, dass die Ware dann als mangelfrei gilt und der Verbraucher im Falle der unterlassenen Rüge seine Gewährleistungsansprüche aus den Mängeln regelmäßig nicht mehr geltend machen kann. Ein solcher Eindruck kann aber zumindest beim Verbraucher erweckt werden, weil ihm der Sinn einer sanktionslosen Rügefrist nicht einleuchten mag und weil sich der Verwender auf die fehlende Rüge berufen könnte. Damit ist die abweichende Regelung zumindest geeignet, die Gewährleistungsrechte des Verbrauchers einzuschränken.

Linkhinweis:

OLG Hamm PM vom 13.7.2012
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