23.08.2016

Zur Aufrechterhaltung eines Unternehmenskennzeichenrechts i.S.d. § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG

An die für die Aufrechterhaltung eines Unternehmenskennzeichenrechts i.S.d. § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG erforderliche Zeichenbenutzung sind keine höheren Anforderungen zu stellen als an die für seine anfängliche Entstehung erforderlichen Benutzungshandlungen. Das Fehlen einer für den Geschäftsbetrieb erforderlichen behördlichen Erlaubnis oder mangelndes Bemühen um ihre Erlangung lassen für sich genommen nicht den Schluss zu, es liege keine dauerhafte wirtschaftliche Betätigung vor, die zur Entstehung oder Aufrechterhaltung eines Unternehmenskennzeichenrechts i.S.d. § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG führt.

BGH 7.4.2016, I ZR 237/14
Der Sachverhalt:
Die klagende GmbH war seit 2007 in der Arbeitnehmerüberlassung tätig und im Handelsregister mit der Firma "MT-PERFECT GmbH" eingetragen. Sie benutzte diese Firma in ihren Geschäftsunterlagen auch in der Schreibweise "mt-perfect GmbH" und in Form eines Logos. Die Beklagte zu 1) wurde im Sommer 2011 durch die frühere Geschäftsführerin der Klägerin und den Beklagten zu 2) gegründet und im August 2011 in das Handelsregister eingetragen. Seither ist die Beklagte zu 1) in der Arbeitnehmerüberlassung tätig. Ein Großteil der Kunden der Klägerin wechselte zur Beklagten zu 1). Diese benutzt zur Bezeichnung ihres Geschäftsbetriebs die Zeichen "mt:p-service GmbH" und "MT:P-Service GmbH - Personal und Promotion" sowie ein Logo, das dem der Klägerin stark ähnelt. Die Klägerin behauptet, am 2.10.2011 sei außer den vorgenannten Zeichen auch die Bezeichnung "mt:Perfect GmbH" auf der Homepage der Beklagten zu 1) abrufbar gewesen.

Die Klägerin trat in der Folgezeit in erheblich reduziertem Umfang im Geschäftsverkehr auf. Sie trug vor, ihr Geschäftsbetrieb sei zwar im September 2011 nahezu zum Erliegen gekommen. Sie sei aber nach wie vor geschäftlich tätig und um einen Neuaufbau ihres Unternehmens bemüht gewesen. Sie habe versucht, neue Geschäftsräume anzumieten, ihre finanziellen und steuerlichen Verpflichtungen zu erfüllen und habe Schriftwechsel mit einem Softwareanbieter und einem Internetprovider geführt. Mit einer Abmahnung vom 24.1.2012 beanstandete die Klägerin, die Beklagte habe durch die Verwendung der vorgenannten Bezeichnungen ihr Unternehmenskennzeichenrecht verletzt.

Das LG gab der auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatzfeststellung und Ersatz von Abmahnkosten gerichteten Klage ganz überwiegend statt. Gegen diese Entscheidung legten die Beklagten Berufung ein. Die Klägerin wurde am 4.6.2013 wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht. Daraufhin erklärten die Parteien den Rechtsstreit mit Wirkung ab dem 5.6.2013 übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt. Die Klägerin erklärte in der Berufungsinstanz weiter, ihre Ansprüche in erster Linie auf das Geschäftsabzeichen (Logo), hilfsweise auf ihre Firma und weiter hilfsweise auf das Unternehmenskennzeichen "mt:perfect" zu stützen. Sie beantragte, die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Unterlassungsausspruch für die Zeit bis zum 4.6.2013 aufrechterhalten wird und der Feststellungsanspruch sowie der Auskunftsanspruch auf Handlungen bis zum 4.6.2013 beschränkt werden. Das OLG wies die Klage insgesamt ab.

Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche (§§ 15, 19 MarkenG) setzen voraus, dass es sich bei dem Geschäftsabzeichen (Logo) der Klägerin oder (im Hinblick auf den ersten Hilfsantrag) der Firma der Klägerin oder (im Hinblick auf den weiteren Hilfsantrag) der Bezeichnung "mt:perfect" um ein geschütztes Unternehmenskennzeichen (§ 5 Abs. 2 MarkenG) handelt und die Beklagten ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise benutzt haben, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen (§ 15 Abs. 2 MarkenG). Mit der vom OLG gegebenen Begründung können die geltend gemachten Ansprüche nicht versagt werden.

Das OLG hat angenommen, die Unternehmenskennzeichenrechte der Klägerin seien im Zeitpunkt der beanstandeten Zeichenverwendung am 2.10.2011 bereits erloschen gewesen. Es hat hierzu ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass die Klägerin nicht zeitnah nach September 2011 die behördliche Erlaubnis beantragt habe. Sie habe nicht vorgetragen, in der Zeit nach September 2011 auf die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung gerichtete Tätigkeiten entfaltet zu haben. Deshalb reichten die Versuche der Klägerin, neue Geschäftsräume anzumieten und ihre finanziellen und steuerlichen Verpflichtungen zu erfüllen, sowie ihr mit einem Softwareanbieter und Internet-Provider geführter Schriftwechsel für einen Fortbestand des Unternehmenskennzeichens nicht aus. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Der Schutz des Unternehmenskennzeichens entfällt regelmäßig mit Aufgabe des hierdurch bezeichneten Betriebs. Die Frage, ob eine nur vorübergehende Nutzungsunterbrechung vorliegt, ist nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden. Hierfür sind der Zeitraum, der Umfang und die Umstände der vorherigen Verwendung der Kennzeichnung sowie die Dauer und der Grund der Unterbrechung von Bedeutung sowie der Umstand, ob sich der Fortsetzungswille in entsprechenden Handlungen manifestiert hat oder aufgrund besonderer Umstände für den Verkehr nahelag.

An die für die Aufrechterhaltung eines Unternehmenskennzeichenrechts i.S.d. § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG erforderliche Zeichenbenutzung sind keine höheren Anforderungen zu stellen als an die für seine anfängliche Entstehung erforderlichen Benutzungshandlungen. Das Unternehmenskennzeichenrecht entsteht im Falle einer originär kennzeichnungskräftigen Bezeichnung durch ihre tatsächliche namensmäßige Benutzung, die auf den Beginn einer dauerhaften wirtschaftlichen Betätigung schließen lässt, ohne dass das Zeichen schon ein bestimmtes Maß an Anerkennung im Verkehr gefunden haben muss. Die Entstehung des Unternehmenskennzeichenrechts setzt nicht voraus, dass das Unternehmen bereits gegenüber allen Marktbeteiligten oder auch nur seinen künftigen Kundenkreisen in Erscheinung getreten ist.

Liegt eine nach diesem Maßstab hinreichende tatsächliche Benutzung des Zeichens vor, scheitert die Begründung eines Unternehmenskennzeichenrechts nicht daran, dass es an einer auf den Gegenstand des Geschäfts bezogenen behördlichen Erlaubnis fehlt. Auch für die Aufrechterhaltung des Kennzeichenrechts sind damit tatsächliche Benutzungshandlungen hinreichend, sofern sie auf eine dauerhafte wirtschaftliche Betätigung schließen lassen. Nach alldem konnte im Streitfall mit der Begründung des OLG ein Erlöschen der Unternehmenskennzeichenrechte der Klägerin nicht angenommen werden.

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