01.08.2011

Zur Aussetzung eines Verfahrens nach § 36a Abs. 3 UrhG wegen eines anhängigen Rechtsstreits über die Voraussetzungen des Schlichtungsverfahrens

Das Verfahren nach § 36a Abs. 3 UrhG zur Bestellung des Vorsitzenden und zur Bestimmung der Zahl der Beisitzer der Schlichtungsstelle kann das OLG nach § 148 ZPO aussetzen, wenn über das Vorliegen der Voraussetzungen des Schlichtungsverfahrens ein Rechtsstreit zwischen den Parteien bereits anhängig ist. Das nach § 36a Abs. 3 UrhG zuständige OLG kann nicht mit für die Parteien bindender Wirkung über das Vorliegen der Voraussetzungen des Schlichtungsverfahrens entscheiden.

BGH 22.6.2011, I ZB 64/10
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller ist der Bundesverband der Fernseh- und Filmregisseure in Deutschland. Die Antragsgegnerin ist das Zweite Deutsche Fernsehen. Der Antragsteller verlangt von der Antragsgegnerin die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens nach §§ 36, 36a UrhG zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln für Auftragsproduktionen. Er beantragt gem. § 36a Abs. 3 UrhG, den Vorsitzenden einer Schlichtungsstelle zu bestellen und die Zahl der Beisitzer festzusetzen.

Die Antragsgegnerin ist dem entgegengetreten. Sie ist der Ansicht, ein Schlichtungsverfahren sei unzulässig. Sie sei nicht passivlegitimiert, weil sie bei Auftragsproduktionen nur zu den Auftragsproduzenten in Vertragsbeziehungen stehe und hinsichtlich der von Mitgliedern des Antragstellers im Rahmen von Auftragsproduktionen erbrachten Leistungen daher nicht Werknutzer i.S.d. § 36 Abs. 1 UrhG sei. Der Antragsteller sei nicht aktivlegitimiert, weil er nicht i.S.d. § 36 Abs. 2 UrhG repräsentativ und zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln ermächtigt sei.

Die Antragsgegnerin beantragte beim LG Frankenthal die Feststellung, dass sie gegenüber dem Antragsteller nicht verpflichtet ist, sich auf ein Schlichtungsverfahren zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln einzulassen. Das OLG setzte das vorliegende Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits beim LG Frankenthal aus. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Antragstellers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Es kann nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden, dass das OLG von einer eigenen Prüfung der Zulässigkeit des Schlichtungsverfahrens abgesehen und das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits beim LG Frankenthal ausgesetzt hat.

Das Gericht kann nach § 148 ZPO die Verhandlung bis zur Erledigung eines anderen Rechtsstreits aussetzen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand des anderen anhängigen Rechtsstreits bildet. Das OLG hat mit Recht angenommen, dass die im vorliegenden Verfahren beantragte Entscheidung über die Bestellung des Vorsitzenden einer Schlichtungsstelle und die Festsetzung der Zahl der Beisitzer (§ 36a Abs. 3 UrhG) von dem Bestehen oder Nichtbestehen des Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand des beim LG Frankenthal anhängigen Rechtsstreits bildet.

Das OLG hat zu Recht angenommen, der mit der Regelung des § 36a Abs. 3 UrhG verfolgte Zweck einer schnellen Bildung der Schlichtungsstelle müsse zurücktreten, wenn die Parteien - wie hier - nicht nur über die Person des Vorsitzenden und die Zahl der Beisitzer, sondern auch über die Zulässigkeit des Schlichtungsverfahrens streiten und zur Klärung der Frage der Zulässigkeit des Schlichtungsverfahrens ein anderer Rechtsstreit anhängig ist. Mit dieser Beurteilung hat das OLG die Grenzen des Ermessens nicht überschritten. Eine gemeinsame Vergütungsregel, die von Parteien aufgestellt worden ist, die hierzu nicht berechtigt waren, kann in einem Rechtsstreit über eine angemessene Vergütung weder eine Bindungswirkung noch eine Indizwirkung entfalten.

Es kann offenbleiben, ob das OLG im Rahmen des Verfahrens zur Bestellung eines Vorsitzenden der Schlichtungsstelle oder der Bestimmung der Anzahl der Beisitzenden nach § 36a Abs. 3 UrhG zu prüfen hat, ob das Schlichtungsverfahren zulässig ist. Eine inzidente Prüfung der Zulässigkeit des Schlichtungsverfahrens durch das OLG vermag jedenfalls das rechtliche Interesse an einer rechtskräftigen Feststellung der Unzulässigkeit des Schlichtungsverfahrens nicht zu beseitigen. Das OLG ist nicht befugt, mit bindender Wirkung über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des Schlichtungsverfahrens zu befinden.

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