12.04.2012

Zur Branchennähe zwischen Fachhandel und Cash&Carry-Märkten

Zwischen Fachhandel und Cash&Carry-Märkten als Formen des Vertriebs an Gewerbetreibende besteht eine beträchtliche Branchennähe. Indem sich beide an denselben gewerblichen Kundenkreis wenden, gibt es zwischen ihnen Berührungspunkte auf dem Absatzmarkt.

BGH 22.3.2012, I ZR 55/10
Der Sachverhalt:
Die Klägerin gehört zur Metro-Unternehmensgruppe, einem der weltweit größten Handelsunternehmen, das u.a. "Cash&Carry-Märkte" für gewerbliche Kunden betreibt. Sie ist mit der Verwaltung und Wahrnehmung gewerblicher Schutzrechte betraut und Inhaberin der 2004 eingetragenen deutschen Marke 303 48 717 "METRO", die für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen, u.a. für "elektrische Reinigungsgeräte" Schutz beansprucht. Die Klägerin und andere Konzerngesellschaften verwenden die Bezeichnung "METRO" in der Unternehmensbezeichnung sowie als Firmenschlagwort.

Die Beklagte produziert und verkauft Rohrreinigungsgeräte, die sie als "ROLLER"s Metro 22", "ROLLER"s Metro 32" und "ROLLER"s Mini-Metro A" bezeichnet. Endabnehmer der Werkzeuge der Beklagten ist das Installationshandwerk, also Fachbetriebe der Innungen Sanitär, Heizung und Klima, die über den entsprechenden Fachhandel beliefert werden. Die Klägerin macht geltend, die Produktbezeichnungen der Beklagten verletzten ihre Rechte aus der Marke und dem Unternehmenskennzeichen "METRO". Bei der Bezeichnung "METRO" handele es sich um ein besonders wertvolles und bekanntes Kennzeichen.

LG und OLG wiesen die u.a. auf Unterlassung und Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des OLG können die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche aus § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG nicht ausgeschlossen werden.

Die Annahme des OLG, zwischen den kollidierenden Zeichen bestehe keine Verwechslungsgefahr, hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des OLG, zwischen den Tätigkeitsbereichen der Parteien bestehe eine nur wenig ausgeprägte Branchennähe. Für die Beurteilung der Branchennähe kommt es in erster Linie auf die Produktbereiche und Arbeitsgebiete an, die nach der Verkehrsauffassung typisch für die Parteien sind. Anhaltspunkte für eine Branchennähe können Berührungspunkte der Waren oder Dienstleistungen der Unternehmen auf den Märkten sowie Gemeinsamkeiten der Vertriebswege und der Verwendbarkeit der Produkte und Dienstleistungen sein.

In dem für das Unternehmenskennzeichen der Klägerin maßgeblichen Bereich der Cash&Carry-Großhandelsmärkte, in denen Wiederverkäufer und Gewerbetreibende einkaufen können, beschränkt sich die Branchennähe nicht auf die Dienstleistung des Betreibens von Kaufhäusern und Großmärkten, sondern umfasst nach der Verkehrsauffassung auch sämtliche Waren und Dienstleistungen, die üblicherweise in Großhandelsmärkten angeboten werden. In Anwendung dieser Grundsätze durfte das OLG eine beträchtliche Branchennähe zwischen den Tätigkeitsbereichen der Parteien nicht verneinen.

Die Klägerin bietet in ihren Cash&Carry-Märkten Gewerbetreibenden ein umfassendes Warensortiment an, zu dem auch Werkzeuge und insbes. elektrische Hochdruckreinigungsgeräte gehören. Dieses Angebot richtet sich auch an das Installationshandwerk, für das die Beklagte hochspezialisierte Werkzeuge herstellt, die der Beseitigung von Verstopfungen von Rohrleitungen dienen. Indem die Parteien sich an denselben gewerblichen Kundenkreis wenden, gibt es zwischen ihnen Berührungspunkte auf dem Absatzmarkt, auch wenn die die Werkzeuge der Beklagten über den Fachhandel ausgeliefert werden.

Im Übrigen begegnet auch die Annahme des OLG, das Unternehmenskennzeichen der Klägerin habe für die hier streitgegenständlichen hochspezialisierten Werkzeuge lediglich eine leicht gesteigerte Kennzeichnungskraft, rechtlichen Bedenken. Darüber hinaus beanstandet die Revision zu Recht die Annahme des OLG, das Unternehmenskennzeichen "METRO" weise keine relevante Zeichenähnlichkeit mit der Produktkennzeichnung "ROLLER"s Metro" auf. Da der Senat aufgrund des vom OLG festgestellten Sachverhalts nicht abschließend beurteilen konnte, ob eine Verwechslungsgefahr vorliegt, war die Sache an das OLG zurückzuverweisen.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück