25.06.2013

Zur Darlegungs- und Beweislast bei nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmustern

Leitet eine Partei Rechte aus einem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster (hier: Bolerojäckchen) ab, so trägt sie die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sie Inhaberin des Rechts nach Art. 14 Abs. 1 u. 3 GGV ist. Zu ihren Gunsten streitet keine Vermutung für die Inhaberschaft, wenn sie das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster erstmalig der Öffentlichkeit innerhalb der Union i.S.d. Art. 11 GGV zugänglich gemacht hat.

BGH 13.12.2012, I ZR 23/12
Der Sachverhalt:
Die Parteien sind Textilhandelsunternehmen, die in ihren Filialen Bekleidung vertreiben. Zum Produktprogramm der Klägerin gehört seit Oktober 2006 u.a. das Bolerojäckchen "Amisu" (Klagemuster). Die Beklagte bot in ihren Filialen im März 2009 das Bolerojäckchen "LIVRE" an.

Die Klägerin war der Ansicht, sie könne für das Klagemuster den Schutz für ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster beanspruchen. Dieses werde aufgrund des Vertriebes des Bolerojäckchens "LIVRE" durch die Beklagte verletzt. Sie behauptete zudem, das Klagemuster sei von ihren Mitarbeiterinnen im Juli 2006 entworfen und in einer Schnittzeichnung niedergelegt worden. Das Jäckchen "LIVRE" sei eine identische Nachahmung des Klagemusters.

LG und OLG wiesen die Klage auf Schadensersatz und Auskunftserteilung ab. Auch die Revision der Klägerin blieb vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
Die Vorinstanzen haben zu Recht angenommen, dass der Klägerin die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz und Auskunftserteilung (Art. 89 Abs. 1d GGV, § 42 Abs. 2, § 46 GeschmMG) nicht zustehen, weil die Beklagte mit dem Vertrieb des Jäckchens "LIVRE" kein Geschmacksmuster der Klägerin verletzt hatte.

So hat die Klägerin nicht bewiesen, dass sie Inhaberin des Klagemusters ist. Die Partei, die - wie hier - Rechte aus einem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster ableitet, trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sie Inhaberin des Rechts nach Art. 14 Abs. 1 u. 3 GGV ist. Zu ihren Gunsten streitet keine Vermutung für die Inhaberschaft, wenn sie das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster erstmalig der Öffentlichkeit innerhalb der Union i.S.d. Art. 11 GGV zugänglich gemacht hat.

Eine solche Vermutung ergab sich hier auch nicht aus Art. 17 GGV. Die Bestimmung sieht eine Vermutung nur zugunsten desjenigen vor, der als Inhaber eingetragen oder vor der Eintragung in dessen Namen die Anmeldung eingereicht wurde. Die Vorschrift ist auf das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster auch nicht entsprechend anwendbar. Sie knüpft an den für Registerrechte typischen Anmelde- und Eintragungsvorgang an, den es bei dem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster nicht gibt.

Eine Vermutungswirkung ergab sich auch nicht aus Art. 85 Abs. 2 S. 1 GGV. Die Bestimmung begründet nach ihrem klaren Wortlaut nur eine Vermutung für die Rechtsgültigkeit des nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters und nicht für dessen Inhaberschaft. Ohne Erfolg machte die Revision letztlich geltend, eine Beweislastumkehr zugunsten der Klägerin lasse sich auch aus Art. 15 Abs. 1, Art. 19 Abs. 2 S. 2 und Art. 25 Abs. 1c GGV ableiten. Die reklamierte Vermutung folgte auch nicht aus Art. 25 Abs. 1c GGV. Denn für ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster hat die Vorschrift keine Bedeutung.

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