23.04.2013

Zur Einwilligung in Werbeanrufe

Die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB finden auch auf die durch die jeweiligen Veranstalter vorformulierten Einverständniserklärungen, die im Rahmen von Gewinnspielen abgegeben wurden, Anwendung. Die Einwilligung in Werbeanrufe erfolgt für den konkreten Fall, wenn klar wird, welche Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmen sie konkret erfasst.

BGH 25.10.2012, I ZR 169/10
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Verbraucherzentrale und qualifizierte Einrichtung i.S.d. § 4 UKlaG. Die Beklagte bietet gewerblich Telekommunikationsdienstleistungen an. Im April 2007 hatte sich die Beklagte gegenüber der Klägerin verpflichtet, es unter Übernahme einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Vertragsstrafe künftig zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Verbraucher ohne ihr vorheriges Einverständnis zu Wettbewerbszwecken anzurufen oder anrufen zu lassen.

Nach Annahme der Unterlassungserklärung riefen dennoch in mindestens 43 Fällen von der Beklagten beauftragte Callcenter-Mitarbeiter bei Verbrauchern an, um ihnen Angebote für den Abschluss von Telefonverträgen zu unterbreiten. Die persönlichen Daten der angerufenen Personen hatte die Beklagte zuvor von Dritten erworben. Die Klägerin war der Ansicht, die Anrufe durch die Mitarbeiter der Callcenter seien ohne wirksames Einverständnis der angerufenen Verbraucher erfolgt und verlangte von der Klägerin Zahlung der Vertragsstrafe i.H.v. 100.000 €. Die Beklagte behauptete, die angerufenen Verbraucher hätten sich im Rahmen der Internetgewinnspiele jeweils mit der Nutzung ihrer Daten auch für Telefonmarketing einverstanden erklärt.

Das LG gab der Klage i.H.v. 22.000 € statt; das KG verurteilte die Beklagte, an die Klägerin weitere 64.000 € zu zahlen. Die Revision der Beklagten blieb vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
Das Berufungsgericht war rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Beklagte die Vertragsstrafe in 43 Fällen verwirkt hatte und der Klägerin gegen die Beklagte daher gem. § 339 S. 2 BGB ein Zahlungsanspruch von weiteren 64.000 € zusteht.

Die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB finden auch auf die durch die jeweiligen Veranstalter vorformulierten Einverständniserklärungen, die im Rahmen von Gewinnspielen abgegeben wurden, Anwendung. Die Veranstaltung eines Preisausschreibens oder Gewinnspiels ist ein Unterfall der Auslobung (§§ 661, 657 BGB). Zwar handelt es sich dabei um ein einseitiges Rechtsgeschäft. Dennoch unterliegen Einwilligungen in Telefonwerbung, die im Zusammenhang mit Preisausschreiben oder Gewinnspielen erteilt werden, der Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB.

Die Einwilligungen sind allerdings nicht schon deshalb unwirksam, weil sie im Rahmen einer vorformulierten Erklärung abgegeben wurden, die der Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB unterliegt. Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG setzt voraus, dass eine Einwilligung in Werbeanrufe grundsätzlich möglich ist. Die Mitgliedstaaten müssen danach zwar Telefonteilnehmer vor Werbeanrufen schützen, indem sie deren Zulässigkeit entweder davon abhängig machen, dass der betreffende Teilnehmer dafür eine Einwilligung erteilt (sog. "Opt-In-Lösung") oder ihnen nicht widerspricht (sog. "Opt-out-Lösung"). Ein vollständiges Verbot ist dagegen nicht vorgesehen. Der deutsche Gesetzgeber hat in § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 UWG die Opt-In-Lösung umgesetzt. Diese Vorschrift wirkt sich aber nur dann nicht als faktisches Verbot jeder Telefonwerbung im privaten Bereich aus, wenn eine im modernen Geschäftsleben praktikable Möglichkeit besteht, die Einwilligung zu erhalten. Das setzt voraus, dass die Einwilligung grundsätzlich auch in AGB wirksam erteilt werden kann.

Der Begriff der "Einwilligung" ist richtlinienkonform zu bestimmen. Danach ist eine Einwilligung "jede Willensbekundung, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt". Sie wird "in Kenntnis der Sachlage" erteilt, wenn der Verbraucher weiß, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt und worauf sie sich bezieht. Sie erfolgt für den konkreten Fall, wenn klar wird, welche Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmen sie konkret erfasst. Im vorliegenden Rechtsstreit erfüllten die Einverständniserklärungen somit nicht die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 UWG, da die Einwilligungen nicht "für den konkreten Fall" erteilt worden waren.

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