14.02.2012

Zur Rückabwicklung eines von einen Treuhänder abgeschlossenen nichtigen Zwischenfinanzierungsvertrags

Ist ein von einem Treuhänder abgeschlossener Zwischenfinanzierungsvertrag wegen Verstoßes der Vollmacht gegen das RBerG nichtig und die Nichtigkeit auch nicht gem. §§ 171, 172 BGB geheilt worden, kann der Darlehensnehmer grundsätzlich die von ihm auf den Endfinanzierungsvertrag erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen im Wege der Leistungskondiktion bei der Bank kondizieren. Voraussetzung ist, dass die Darlehensvaluta des Zwischenfinanzierungsvertrages nicht an den Darlehensnehmer bzw. nicht auf eine wirksame Weisung an einen Dritten ausgezahlt worden ist und er weder die eine noch die andere Valuta erhalten hat.

BGH 17.1.2012, XI ZR 457/10
Der Sachverhalt:
Der Kläger wurde im Jahr 1991 von einer Anlagevermittlerin geworben, eine Eigentumswohnung in einer noch zu errichtenden Appartementanlage zu erwerben. Zwecks Durchführung bot er mit notarieller Urkunde der H-Steuerberatungsgesellschaft mbH (Treuhänderin), die über eine Erlaubnis nach dem RBerG nicht verfügte, den Abschluss eines umfassenden Treuhandvertrags an und erteilte ihr eine ebensolche Vollmacht. Die Treuhänderin nahm das Angebot an. Zur Finanzierung des Gesamtaufwands trug die Treuhänderin am 4.12.1991 namens des Klägers der Beklagten den Abschluss eines Zwischenkreditvertrags in Form eines Kontokorrentkredits an, der von der Beklagten unter dem 6.12.1991 gegengezeichnet wurde.

An diesem Tag lag der Beklagten die notarielle Ausfertigung der Vollmachtsurkunde nicht vor; diese wurde ihr erst mit Schreiben der Anlagevermittlerin vom 24.12.1991 übersandt. Zwischen den Parteien ist streitig, ob sich die Beklagte ihrer Willenserklärung zur Vertragsannahme bereits am 6.12.1991 oder erst nach Erhalt der Vollmachtsurkunde entäußert hat. Im März 1992 schloss die Treuhänderin namens des Klägers mit der D-AG als Verkäuferin und der G-GmbH als Generalübernehmerin einen notariellen "Kaufvertrag, Gesellschaftsvertrag, Generalübernehmer-Vertrag" über ein Appartement. Am 29.9.1992 schloss die Treuhänderin namens des Klägers mit der Beklagten zur Ablösung der Zwischenfinanzierung einen Endfinanzierungsvertrag mit zwei Unterkonten, die durch eine Lebensversicherung getilgt werden sollten und durch eine Grundschuld an dem erworbenen Miteigentumsanteil besichert waren.

Der Kläger zahlte an die Beklagte auf den Endfinanzierungsvertrag teilweise Zins- und Tilgungsleistungen, bevor er spätestens im August 2000 seine Zahlungen einstellte. Die Beklagte kündigte daraufhin im November 2002 den Darlehensvertrag. Im Jahr 2003 verwertete sie die zur Sicherheit abgetretene Lebensversicherung. Die Eigentumswohnung wurde im Dezember 2007 auf Betreiben der Beklagten versteigert. Mit der Klage begehrt der Kläger die Erstattung seiner Zins- und Tilgungszahlungen sowie des Erlöses aus der Lebensversicherung nebst Zinsen und die Feststellung, dass er der Beklagten zu keinem Zeitpunkt aus dem Zwischenfinanzierungskredit und dem Endfinanzierungsdarlehen verpflichtet war und ist.

Er ist der Ansicht, dass der Zwischenfinanzierungskreditvertrag nicht wirksam zustande gekommen sei und seine Zahlungen bzw. die Erlösauskehr daher ohne Rechtsgrund erfolgt seien. Aufgrund dessen stünden ihm bereicherungsrechtliche Ansprüche aus der Zwischenfinanzierung zu, mit denen er gegen die Forderung der Beklagten aus der Endfinanzierung die Aufrechnung erklärt hat. Daneben stehe ihm der geltend gemachte Betrag auch im Wege des Schadensersatzes zu, weil er - wie er behauptet - von der Vermittlerin u.a. über die angebliche Risikolosigkeit der Kapitalanlage und über die Höhe der Innenprovisionen arglistig getäuscht worden sei. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.

Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Auf der Grundlage seiner tatbestandlichen Feststellungen hätte das OLG weder einen Zahlungsanspruch des Klägers gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB bejahen noch dem Feststellungsantrag stattgeben dürfen.

Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt des OLG, wonach dann, wenn ein von einem Geschäftsbesorger oder Treuhänder abgeschlossener Zwischenfinanzierungsvertrag wegen Verstoßes der Vollmacht gegen das RBerG nichtig ist und die Nichtigkeit auch nicht nach Rechtsscheingrundsätzen gem. §§ 171, 172 BGB geheilt worden ist, dies Auswirkungen auf die wechselseitigen Ansprüche der Vertragsparteien aus dem - wirksamen - Endfinanzierungsvertrag hat. Ist die Darlehensvaluta des Zwischenfinanzierungsvertrages nämlich nicht an den Darlehensnehmer bzw. nicht auf eine wirksame Weisung an einen Dritten ausgezahlt worden, ist die Verrechnung der Darlehensvaluta des Endfinanzierungsvertrages mit dem Rückzahlungsanspruch aus der Zwischenfinanzierung ins Leere gegangen.

Der Darlehensnehmer hat dann weder die eine noch die andere Valuta "empfangen" i.S.d. § 607 BGB aF. Die Bank hat dann gegen den Darlehensnehmer weder einen Bereicherungsanspruch bzgl. des Zwischenkredits noch mangels Auszahlung der Darlehensvaluta - einen vertraglichen Rückzahlungsanspruch aus dem Endfinanzierungsvertrag. Demgegenüber kann der Darlehensnehmer die von ihm erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen im Wege der Leistungskondiktion bei der Bank kondizieren. Rechtsfehlerfrei und in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des BGH hat das OLG zutreffend angenommen, dass die der Treuhänderin erteilte umfassende Vollmacht wegen Verstoßes gegen das RBerG nichtig ist.

Rechtsfehlerhaft hat es dagegen angenommen, dass der Zwischenfinanzierungsvertrag bereits mit der Unterzeichnung durch einen Mitarbeiter der Beklagten am 6.12.1991 abgeschlossen worden ist. Unabhängig davon ist auch die weitere Annahme des OLG rechtlich unhaltbar, der Kläger habe durch die Zahlung der Darlehensvaluta aus der Zwischenfinanzierung auch dann nichts erlangt, wenn die Beklagte die notarielle Vollmachtsausfertigung zeitlich vor oder nach Ausführung der von der Treuhänderin namens des Klägers erteilten Zahlungsanweisungen erhalten hat. Nach der Rechtsprechung des BGH haftet im Falle der Unwirksamkeit des Darlehensvertrages der Darlehensnehmer aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Rückzahlung der Darlehensvaluta, wenn er diese erhalten hat.

Ein Darlehen gilt als empfangen, wenn der Darlehensgeber es an den Darlehensnehmer oder auf dessen Weisung an einen Dritten ausgezahlt hat. Für die Zurechenbarkeit der Zahlungsanweisungen des Geschäftsbesorgers kommt es entscheidend auf die Vorlage der Vollmachtsurkunde im Zeitpunkt der Ausführung der Zahlungsanweisungen an. Danach ist vorliegend entscheidend, ob der Beklagten bei Ausführung der Auszahlungsanweisungen eine Ausfertigung der notariellen Vollmachtsurkunde vorlag. Soweit dies der Fall war, durfte sie insoweit die Darlehensvaluta des Endfinanzierungsvertrages mit dem Rückzahlungsanspruch aus der Zwischenfinanzierung verrechnen.

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